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Ist Deutschland uneingeschränkt souverän?

Die Konferenz in der amerikanischen Militärbasis Ramstein, im April dieses Jahres, zu der der amerikanische Verteidigungsminister – es wäre besser Kriegsminister zu sagen – eingeladen hatte und bei der vom deutschen Boden aus von den Amerikanern festgelegt wurde, welche schweren Waffen in die Ukraine geschickt werden müssen, um den Krieg gegen Russland zu gewinnen, führte zu dem Versuch, die Rolle Deutschlands doch auch einmal aus rechtlicher Sicht zu betrachten.

Ein politisch unbedarfter Bürger könnte sich doch fragen, wie es möglich ist, dass ein amerikanischer Minister in Deutschland zu einer Konferenz einlädt und die deutsche Verteidigungsministerin nicht etwas Gastgeber der Amerikaner ist, sondern froh sein konnte, von den Amerikanern eingeladen zu werden. Diese wurde wahrscheinlich auch nur deshalb eingeladen, damit sie im Rahmen eines Befehlsempfangs Waffenlieferungen aus Deutschland in die Ukraine veranlasst.

Zur rechtlichen Bewertung der amerikanischen Militärbasis, wurde am 27.5.2022 das Außenministerium von mir angeschrieben und folgende Fragen gestellt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

 in Ramstein fand vor zwei Tagen eine Konferenz statt, zu der der amerikanische Verteidigungsminister ca. 40 ausländische Staatsgäste, einschließlich den Nato-Generalsekretär Stoltenberg eingeladen hatte. Die deutsche Verteidigungsministerin hatte ebenfalls an dieser Konferenz teilgenommen, wobei in der Öffentlichkeit der Eindruck vorlag, dass diese, genau wie die anderen Teilnehmer, von den Amerikanern eingeladen war. Bei dieser Konferenz, die nach meiner bisherigen Vorstellung auf deutschem Territorium stattfand, diente dazu, zu beschließen, welche Waffen in die Ukraine geschickt werden, um die ukrainische Armee zu befähigen, Russland besiegen zu können. Unterstellt, die Auffassung träfe zu, dass Ramstein zu Deutschland gehört, stellt sich natürlich die Frage, warum ausgerechnet in Deutschland über eine aktive Beteiligung an dem Krieg in der Ukraine verhandelt wird, da Deutschland damit sehr konkret als Kriegsbeteiligter in den Krieg der Ukraine einbezogen wird. 1954, also zum Zeitpunkt als die Bundesrepublik Deutschland von den westlichen Alliierten und die ehemalige DDR von Russland besetzt war, gab es ein sogenanntes Stationierungsabkommen, das Einrichtungen wie Ramstein rechtlich aufgrund des Kriegsrechts legitimierten. Nach Abschluss des 4 plus 2 Vertrages, der als Friedensvertrag bezeichnet wird, obwohl er eigentlich kein Friedensvertrag ist, hätte das bis dahin bestandene Stationierungsabkommen hinfällig werden müssen. Angeblich soll dieses Stationierungsabkommen von dem damaligen Kanzler Kohl nach der sogenannten Wiedervereinigung verlängert worden sein, wobei sich die Frage stellt, warum dies geschah? Meines Wissens haben alle anderen Streitkräfte – also auch die Russen – Deutschland verlassen. Hat das ehemalige Stationierungsabkommen noch Bestand?

 Welchen Status hat denn die Militärbasis in Ramstein? Diese Frage taucht immer wieder auf und wird nie klar und eindeutig beantwortet. Ich bitte auch um Mitteilung, an welchen Punkten gegenwärtig die Souveränität Deutschlands durch ehemalige Alliierte des 2. Weltkrieges eingeschränkt ist. Meines Erachtens wäre dies der Fall, wenn deutsche Behörden zu bestimmten Teilen ihres Staatsgebiets keinen freien Zutritt hätten und sich die Genehmigung für einen solchen Zutritt von einem ausländischen Staat (z.B. der USA) einholen müssen. Es könnte sich aber auch auf mögliche Bestimmungen des Fernmeldegesetzes beziehen, da auch darüber Verträge der Alliierten mit Deutschland bestanden haben, die wohl ebenfalls immer noch bestehen sollen.

 Am 14.5.2022 antwortete das Ministerium wie folgt:

Sehr geehrter Herr Bornemann,

 für Ihre Nachricht vom 27.04.2022 darf ich Ihnen sehr herzlich danken, auf die ich für das im Auswärtigen Amt hierfür zuständige Referat 503 sehr gerne antworten darf wie folgt:

 Der Aufenthalt unter anderem der US-amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland basiert auf dem Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Aufenthaltsvertrag), der auch nach Abschluss des Vertrags über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag) weiterhin fortgilt.

 Die Rechtsstellung der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-amerikanischen Streitkräfte als NATO-Mitgliedsstaat wird sodann durch das Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) sowie das Zusatzabkommen hierzu hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (Zusatzabkommen NATO-Truppenstatut) ausgeformt.

 Militärische Liegenschaften, beispielsweise die Militärbasis in Ramstein, sind kein „extraterritoriales“ Gebiet des Entsendestaates, sondern deutsches Hoheitsgebiet, das den jeweiligen Streitkräften durch die Bundesrepublik Deutschland zur Nutzung überlassen wird. Wie Artikel 53 Absatz 1 Satz 2 Zusatzabkommen NATO-Truppenstatut sodann explizit klarstellt, gilt für die Benutzung solcher Liegenschaften grundsätzlich deutsches Recht. Darüber hinaus bestimmt Artikel II Satz 1 NATO-Truppenstatut, dass deutsches Recht auch von den in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-Streitkräften zu beachten ist.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben und verbleibe

 Mit freundlichen Grüßen

Eine Analyse dieser Auskunft scheint die Befürchtung vieler Bürger zu bestätigen, wonach sich die Amerikaner auch nach dem sogenannten Friedensvertrag – gemeint ist der 4 plus 2 Vertrag, der als Friedensvertrag gelten soll, aber eigentlich kein Friedensvertrag ist, einige Rechte aus der ehemaligen Besatzungszeit vorbehalten haben. Es bestehen nach wie vor Festlegungen, die als „vertragliche Vereinbarung“ formuliert werden, die es den Amerikanern ermöglicht haben, ihre Truppen – wie dies mit den russischen Truppen geschehen ist – in Deutschland weiter behalten zu können.

Ein Blick in den 4 plus 2 Vertrag macht deutlich, dass zwischen dem Vertragsinhalt und der Wirklichkeit zumindest unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten bestehen. Im Artikel 7 Absatz 2 des Vertrages wird festgestellt, „dass Deutschland demgemäß voll Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten hat“. Es besteht aber andererseits – ob freiwillig vereinbart oder mit freundlicher „Empfehlung durch die USA“ unterschrieben – ein Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Aufenthaltsvertrag), der auch nach Abschluss des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag) weiterhin fortgilt. Auf diesen Vertrag bezieht sich die USA auch im Zusammenhang mit der Militärbasis Ramstein. Dieser Vertrag wurde bereits am 23.Oktober 1954 (Bundesgesetzblatt 1955 II S. 253) zwischen Deutschland und acht Vertragspartnern (Belgien, Dänemark, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, Vereinigte Staaten von Amerika) getroffen. Damit ist die damalige Sowjetunion nicht Vertragspartner. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit bei einer Kündigungsfrist von zwei Jahren abgeschlossen. (Notenwechsel vom 25. September 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1390 und vom 16. November 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1696).

Der 4 plus 2 Vertrag schreibt im Artikel 2 aber auch folgendes fest: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charter der Vereinten Nationen.“

Wenn man diesen Text ernst nimmt und man darf doch davon ausgehen, dass ein sogenannter Friedensvertrag eine ernstzunehmende Angelegenheit sein sollte, stellt sich die Frage, wie die Bundeswehr an ausländischen Kriegseinsätzen teilnehmen kann, die explizit nicht von den Vereinten Nationen veranlasst worden sind. Die zweite Bedingung, nämlich der Hinweis auf die Verfassung Deutschlands – wir gehen davon aus, dass dies das Grundgesetz sein soll – zur Durchführung kriegerischer Einsätze der Bundeswehr im Ausland ist ebenfalls nicht erfüllt und somit ist dieses Handeln der Bundeswehr unzulässig.

Wenn das Auswärtige Amt in seiner Antwort auf meine Anfrage zum Ausdruck bringt, dass „militärische Liegenschaften, beispielsweise die Militärbasis in Ramstein, kein „extraterritoriales“ Gebiet des Entsendestaates sind, sondern deutsches Hoheitsgebiet, das den jeweiligen Streitkräften durch die Bundesrepublik Deutschland zur Nutzung überlassen wird. Wie Artikel 53 Absatz 1 Satz 2 Zusatzabkommen NATO-Truppenstatut sodann explizit klarstellt, gilt für die Benutzung solcher Liegenschaften grundsätzlich deutsches Recht. Darüber hinaus bestimmt Artikel II Satz 1 NATO-Truppenstatut, dass deutsches Recht auch von den in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-Streitkräften zu beachten ist“, dann muss gefragt werden, warum von Ramstein aus nach deutschem Recht unzulässige Tötungen von Personen durch Drohnen nicht verboten sind, gleichwohl von den Amerikanern aber durchgeführt werden? Ein souveräner Staat sollte doch bei der bestehenden Rechtslage der militärischen Einrichtung in Ramstein solche Morde untersagen können.

 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es höchste Zeit wird, dass die Bundesregierung endlich die deutschen Bürger darüber informiert, welche hoheitlichen Einschränkungen durch ausländische Regierungen bestehen und wer, wann entsprechende Regelungen festgelegt oder vertraglich vereinbart hat. Wenn man das Gerede vom mündigen Bürger ernst nehmen sollte, sollten die Politiker handeln oder sie sollten sagen, dass die Bürger eben nichts zu sagen haben. Auch das wäre eine Antwort!