Kategorien
Aktuell

Die 15 Milliarden, die es nie gab – und die Wahrheit, die es nicht geben darf

Aktuell gibt es Gründe, warum viele Bürger das Gefühl haben, dass sie von Politikern sehr oft belogen werden. Die Lügen des Bundeskanzlers Merz, die er vor den Wahlen den Bürgern auftischte, sind dafür ein beredtes Beispiel. Selten geschieht es aber, dass bei einem Interview eines Politikers, dieser so dreist lügt, dass er unverzüglich dabei überrascht wird und Millionen von Hörern, dies mitbekommen können.

Einen solchen Vorgang hat es am 17.12.2025 im Rahmen eines Interviews beim Deutschlandfunk gegeben. Wir sind grundsätzlich dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber kritisch eingestellt, müssen aber auch bekennen, dass es immer wieder Journalisten gibt, die deutlich zu erkennen geben, dass sie sich nicht jede Lüge von Politikern auftischen lassen. In einem Interview mit dem Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, wurden Millionen Hörer des Deutschlandfunks Zeuge davon, was die Worte von Politikern manchmal Wert sein können – nämlich gar nichts.

Ausgangslage des Interviews mit Linnemann im Deutschlandfunk war das erneute Herumschrauben an dem sogenannten Bürgergeld-Gesetz, das nichts anderes ist, als ein Gesetz für die Grundversorgung von Bürgern, die aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage sind, für ihren eigenen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Wenn man sich mit der Sozialgesetzgebung in Deutschland auskennt, dann weiß man, dass es einmal ein hervorragendes Gesetz gegeben hat, durch das alle sozialen Problemlagen menschenwürdig und gleichwohl angemessen gelöst wurden. Das Herumschrauben an der Sozialgesetzgebung hat hier ein gutes System regelrecht zerstört. Das sogenannte Bürgergeld, das bisher auch nichts anderes als eine Art der Grundsicherung gewesen ist, soll jetzt wieder Grundsicherung heißen. Den Bürgern soll damit der Eindruck vermittelt werden, dass jetzt eine bessere Kontrolle gegen einen Missbrauch von Sozialleistungen sichergestellt werden könne. Vor der Bundestagswahl 2024 haben sowohl der damalige Oppositionsführer und jetziger Bundeskanzler als auch dessen CDU-Generalsekretär ihren Mund sehr voll genommen und den Bürgern suggeriert, dass man durch die Verhinderung des Missbrauchs von Sozialleistungen mehrere Milliarden Euro einsparen könne. Wie man zwischenzeitlich weiß, war alles nur das übliche Politikergeschwätz, denn was man versprach, konnte, wie so oft in keiner Weise eingehalten werden.

Vielleicht sollte man einmal darauf hinweisen, dass es in Deutschland einmal eine sehr gute und austarierte Sozialgesetzgebung gab, so dass die Probleme, über die man aktuell streitet, ohne dass damit eine sinnvolle Lösung herauskommen könnte, eindeutig und klar normiert gewesen sind. Man unterschied früher zwischen drei Säulen: Es gab das Versicherungsprinzip, das Sozialhilfesystem und das Versorgungssystem. Im Rahmen des Versicherungssystems, zu dem die Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und die Unfallversicherung gehörten, hatte jeder Bürger die Möglichkeit, sich selbst angemessen für Notfälle zu schützen. Teilweise erfolgte dies im Rahmen der Pflichtversicherung. Eine weitere Säule war die Sozialhilfe, die dann eintrat, wenn Bürger aus welchen Gründen auch immer sich nicht selbst finanziell unterhalten konnten und somit auf die Hilfe der Gemeinschaft angewiesen waren. Für Personen im Rentenalter, bei denen die Rente nicht den Lebensunterhalt decken konnte, erfolgte eine Unterstützung der Gemeinschaft durch eine Grundsicherung. Das gesamte System orientierte sich an dem sogenannten Subsidiaritätsprinzip, das heißt, erst musste jeder für sich selbst sorgen, der Staat – also die Gemeinschaft – trat erst dann ein, wenn eine echte Bedarfslage dies im Einzelfall erforderte. Selbst beim Sozialprinzip – Grundlage war seinerzeit das BSHG (Bundesozialhilfegesetz) stand die Würde der Person und dessen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Mittelpunkt. Der Ordnung halber ist darauf hinzuweisen, dass das beschriebene System in der Bundesrepublik Deutschland, also im Westen unseres Vaterlandes bestand, während es in der damaligen DDR ebenfalls eine allgemeine Sicherung der Bürger durch den Staat gab.

Der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) demontierte zusammen mit dem ehemaligen Personalchef Peter Hardt mit Zustimmung der SPD und der Grünen im Bundestag das gesamte Sozialsystem, so dass seitdem mehr oder weniger qualifiziert politisch daran herumgeschraubt wurde und mit jeder neuen gesetzlichen Regelung eine Verschlechterung für die Bürger eintrat. Versicherungs- und Versorgungsprinzip wurden wild durcheinandergewürfelt, um damit angeblich eine höhere Effizienz zu erreichen. Die Unterschiede zwischen den Versicherten und denjenigen, die nicht für sich selbst aus welchen Gründen auch immer vorgesorgt hatten, wurden verwischt. Aus Hilfesuchenden wurden Kunden, so dass dadurch die Verachtung des Einzelnen auch verbal zum Ausdruck gebracht wurde. Ein Kunde ist eine Person, die sich – sofern sie entsprechend über Geld verfügt – frei entscheiden kann, was und wo sie etwas kauft. Der Kunde des Staates hatte beim Jobcenter, das in der Regel gar keine Jobs vermitteln konnte, weil diese gar nicht ausreichend vorhanden waren, Termine einzuhalten, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen, bei denen er lernte, wie man eine Bewerbung schreibt und dann nur Ablehnungen von Firmen bekam. Zusätzlich kamen Ausländer in unser Land, die sofort alle Leistungen des Staates erhalten konnten, so dass mittlerweile das gesamte Sozialsystem nur noch ein großer Scherbenhaufen ist, der über einen ständigen Finanzmangel klagt.

Dann kam die große Erleuchtung der CDU vor den Bundestagswahlen. Man stellte fest, dass das gesamte Problem nur an denjenigen liegt, die arbeiten können aber nicht arbeiten wollen. Und Merz und Linnemann versprachen den Wählern, dass man Milliarden Euro einsparen könne, wenn man den Vorstellungen der CDU folgt. Voraussetzung dafür war jedoch, dass man nicht die AfD, sondern die CDU wählt. Die Einsparung von 15 Milliarden Euro wurden von dem Generalsekretär Linnemann in einem Interview mit dem Deutschlandfunk ins Gespräch gebracht. Um so frecher war es jetzt, dass dieser Herr Linnemann jetzt in einem erneuten Interview im Deutschlandfunk erklärte, er habe nie von einer Einsparung in Höhe von 15 Milliarden Euro gesprochen. Herrn Linnemann wurde seine Äußerung während der Sendung ein zweites Mal eingespielt. Peinlicher geht es gar nicht mehr. Laut einem Referentenentwurf würde man ca. 850 Mio. Euro sparen, wenn 100.000 Menschen aus der Grundsicherung herausfallen. Zwischenzeitlich sehen Experten nur noch ein minimale Einsparung, da die Zahl der „Arbeitsverweigerer“ stark überschätzt wurde.

ZDF-heute, FOCUS und „Die Woche“ hatten über die angeblichen Einsparungen der CDU berichtet. Nicht meine Worte, sondern die Faktenchecks der Leitmedien zeigen: Die Milliarden waren heiße Luft.

Das Verhalten von Linnemann ist insofern ausgesprochen problematisch, weil es dem Bürger signalisiert, dass der Widerspruch auch als Vertrauensbruch betrachtet werden kann. Wenn Politiker frühere Aussagen leugnen, obwohl sie dokumentiert sind, verstärkt das den Eindruck von Politikergeschwätz. Besonders hervorzuheben ist, dass der Deutschlandfunk zeigte, dass seine Journalisten Politiker mit ihren eigenen Worten konfrontieren können. Damit hat der Deutschlandfunk die Glaubwürdigkeit des Rundfunks gegenüber den Bürgern, die Politikern misstrauen, gestärkt.

Wer Milliarden verspricht und später bestreitet, hat nicht gerechnet, sondern getäuscht – und das live im Radio. Die 15 Milliarden sind nicht verschwunden – sie waren nie da. Nur die Wahrheit verschwindet.

So klingt Politik, wenn Worte weniger wert sind als das Papier, auf dem sie gedruckt wurden.“


Von Bornemann

Dipl.- Sozialarbeiter
Mitglied im Verband Deutscher Pressejournalisten
Studium Sozialarbeit
AKAD Management-Fernstudium
Ergänzungsstudium Wirtschaftsphilosphie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert