Wieder konnte der Leser in der Sächsischen Zeitung in einem kleinen Artikel nachlesen, dass erneut die Wahl eines Vizepräsidenten im Bundestag verhindert wurde. Der AfD-Abgeordnete Gerold Otten erhielt nur 99 Stimmen, so dass seine Wahl als Vizepräsident des Bundestages scheiterte. Gleichzeitig wurde auch die AfD-Abgeordnete Nicole Höchst nicht in den Geheimdienstausschuss des Bundestages gewählt, obwohl der AfD ein Sitz in diesem Ausschuss zustehen würde.
Nun kann man ja zur Tagesordnung übergehen, weil es sich ja vermeintlich um einen demokratischen Prozess gehandelt hat, bei dem es eben üblich ist, dass Kandidaten auch nicht gewählt werden.
Die sachliche Mitteilung in einem kleinen Beitrag in der Sächsischen Zeitung ohne weiteren Kommentar weist ja auch darauf hin, dass es für die Zeitung offensichtlich allenfalls eine kurze Mitteilung Wert war.
Man kann den gesamten Vorgang aber auch völlig anders betrachten. Den Bürgern wird in aller Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass ihre Stimme bei der Wahl des Bundestages nur dann eine Bedeutung hat, wenn sie auch die richtige Partei gewählt haben. Nicht die Bürger haben zu bestimmen, welche Parteien als politisch korrekt angesehen werden und damit ein Recht haben, im Bundestag ihrer Aufgabenstellung als Abgeordnete voll nachkommen zu können, sondern dies entscheiden die Parteien, die von sich behaupten, sie und nur sie seien der Garant der Demokratie. Nur ihre vermeintlichen Werte hätten ein Recht im Bundestag vertreten zu werden.
Der Ausschluss einer Partei aus dem Präsidium des deutschen Bundestags ist eine erhebliche Behinderung bei der Wahrnehmung der Aufgabenstellung der Abgeordneten und verhindert, dass gerade auch eine Opposition die Möglichkeit erhält, angemessen auf das politische Geschehen mit Einfluss nehmen zu können. Erschreckend in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass sich hier eine Art antidemokratische Front gebildet hat, die von der CDU/CSU über die SPD bis hin zu den Linksextremisten der Partei “Die Linke” geht. Alle diese Parteien, die von sich behaupten, sie treten für die Erhaltung der Demokratie ein und nehmen den Bürger mit dessen Anliegen ernst, verhindern mit fadenscheinigen Geschäftsordnungstricks die Mitwirkung einer Oppositionspartei an der politischen Willensbildung im Bundestag. Sie grenzen eine Partei aus und treten damit den Wählern, die diese Partei gewählt haben, mit Füßen, indem sie diesen Wählern deutlich zu verstehen geben, dass ihre Stimmen wertlos sind.
Wie offenkundig diese Praxis ist, kann man auch daran erkennen, dass eine Partei mit 4,9% (Die Linke), die nur deshalb im Bundestag vertreten ist, weil sie drei Direktmandate errungen hatte, in allen Gremien des Bundestages vertreten ist, während die Oppositionspartei, gemeint ist die AfD, vielleicht gerade weil sie zur Zeit die einzige wirkliche Opposition im Bundestag ist, mit ihren 10,3% ausgegrenzt wird. Aber auch die FDP sollte mit ihren 11,5% darüber nachdenken, wie sie sich verhalten würde, wenn sich plötzlich eine Front gegen sie selbst formiert und verhindert, dass sie in allen Gremien des Bundestages vertreten ist.
Inwieweit eine Partei Meinungen vertritt, die den übrigen Parteien zuwider sind, kann in keiner Weise die Grundlage sein, Ausgrenzungen vorzunehmen. Die alleinige Entscheidung liegt beim Wähler. Nur dann, wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass verfassungsfeindliche Tatbestände vorliegen und dies kann nur von einem Gericht erfolgen und nicht von selbsternannten Tugendwächtern, wäre es denkbar, Sanktionen auch gegen Parteien zu veranlassen, die Mitglied im Bundestag sind. Sofern sich Parteien verfassungswidrig verhalten, kann nur eine Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht erfolgen, alles andere ist Willkür und antidemokratisch.
Nachdem die Abgeordneten der etablierten Parteien, einschließlich der kaum noch vorhandenen Partei “Die Linke” gezeigt haben, dass sie nicht in der Lage sind, demokratische Spielregeln einzuhalten, wenn es darum geht, missliebige politische Konkurrenz auszuschalten, muss hier das Verfassungsgericht eingreifen und die Geschäftsordnung des Bundestages insoweit korrigieren, damit verhindert wird, dass eine politische Willensbildung von Wählern, in diesem Fall immerhin 10,3% der Wähler, weiter mit Füßen getreten werden kann. Die jetzige Praxis im Bundestag ist kein Beispiel für das Funktionieren einer Demokratie, sondern ein Beispiel, wie man mit vermeintlichen demokratischen Verfahren doch eine Verhinderung von politisch anderen Meinungen erreichen kann.