Aktuell wird wieder die Frage diskutiert, inwieweit eine qualitative Veränderung in der Beurteilung sogenannter Schwangerschaftsabbrüche erfolgen sollte. Dabei wird vornehm umschrieben, dass es darum geht, ein werdendes Leben abzutöten, denn nichts anderes geschieht, wenn eine Schwangerschaft „abgebrochen“ wird. Natürlich kann, ja man muss, sehr intensiv darüber diskutieren, wann ein menschliches Leben entsteht und von welchem Zeitpunkt an, dieses werdende Leben eine gleichranginge Wertigkeit in Bezug auf das Leben der Frau hat, die in ihrem Körper dieses werdende Leben in sich trägt. Wahrscheinlich beginnt ein neues Leben mit der Verbindung zweier Eizellen, wobei es ausgesprochen schwierig sein dürfte, wann dieses Leben bereits eine eigene Identität im Sinne unseres menschlichen Daseins hat.
Der Gesetzgeber hat dieser ausgesprochen ethisch schwierigen Frage bisher dadurch Rechnung getragen, indem er feststellte und dies auch gesetzlich normierte, dass jegliches menschliches Leben einen eigenständigen Schutz haben muss. Das Töten eines werdenden menschlichen Lebens ist grundsätzlich eine strafbare Handlung. Die Frage, von welchem Zeitpunkt menschliches Leben geschützt werden muss und der Staat, sprich die Gesellschaft, dieses Recht auch mit allen Mitteln durchzusetzen hat, stellt sich nicht nur in der Phase des beginnenden Lebens, sie stellt sich auch einer Phase, in der die menschliche Hülle nicht mehr voll funktionsfähig ist und der sich in dieser Hülle befindliche Mensch nach Auffassung seiner Umgebung gar nicht mehr am eigentlichen Leben teilnehmen kann. Mit anderen Worten, auch bei einem alten oder schwer kranken Menschen, dessen physische Funktionen nicht mehr intakt sind, so dass der Eindruck entstehen könnte, deren Zustand sei gar kein Leben mehr, könnte die gleiche Frage der Zumutbarkeit gestellt werden, ob es zu rechtfertigen sei, einen solchen Körper weiter am Leben zu erhalten oder ob es für die Betroffenen selbst und für die Gesellschaft sinnvoller sei, deren physisches Leben „abzubrechen“, sprich zu beenden. Übrigens kommen wir dann sehr schnell an die unseligen Gedanken und Taten der Nationalsozialisten, die von einem nicht lebenswerten Leben gesprochen haben und entsprechende Morde durchgeführt haben.
Der Gesetzgeber hat dem Schutz des menschlichen Lebens und der Entscheidung von Frauen, durch die Festlegung, dass das Töten des werdenden menschlichen Lebens bis zur 12. Woche vom Zeitpunkt des Beginns des Lebens nicht unter Strafe gestellt wird, Rechnung getragen. Er machte zudem deutlich, dass die Beendigung einer Schwangerschaft eben keine normale Angelegenheit ist, sondern nur unter bestimmten Umständen straffrei bleibt. Diese Festlegung hatte bisher auch eine Akzeptanz der Bevölkerung. Es ist unverständlich und nur mit einer menschenverachtenden und ideologischen Einstellung bestimmter Politiker zu erklären, dass jetzt behauptet wird, dass das Töten menschlichen Lebens zu einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Entstehung eine normale Angelegenheit sei und die Frauen selbst das Recht haben zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft austragen wollen oder nicht. Es ist absolut unerträglich und ethisch in keiner Weise akzeptabel, wenn dem werdenden Leben eines Menschen, das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper gegenübergestellt wird und als höherwertiges Rechtsgut behandelt wird. Ein solches Denken hat keinen Respekt vor der Natur, die nach eigenen Naturgesetzen festlegt, wie neues Leben entsteht. Es führt zu der Entmenschlichung der Gesellschaft, in der sie glaubt, die gesamte Natur so zu formen und zu gestalten, wie es den eigenen Bedürfnissen entspricht. Wenn der Staat einerseits den Bürgern vorschreiben will, was sie zu essen haben und ob sie mit einem Auto fahren dürfen, aber anderseits den Frauen das Recht einräumt, selbst zu bestimmen, ob sie werdendes Leben töten lassen dürfen, dann merkt man den ganzen Irrsinn, der mittlerweile unser Leben begleitet. In der ganzen Diskussion wird im Übrigen mit keinem Wort erwähnt, welche Rolle die Männer spielen. Insofern ist es erschreckend, dass die sogenannte Expertenkommission der Bundesregierung nur aus Frauen besteht. Denn auch die werdenden Väter dürfen bei einem Abbruch einer Schwangerschaft nicht einfach als nichtexistent angesehen werden. Aber vielleicht denkt man bereits heute daran, dass Frauen – sofern sie glauben, ein Kind haben zu wollen – dies auch ohne Männer machen wollen und die notwendigen Spermien per Versandhandel aus einer Samenbank bestellen. Wahrscheinlich glaubt man dann, dass die endgültige Emanzipation der Frauen zu erreichen ist. Da sind dann Männer ohnehin nicht mehr gefragt.
Wie pervers die gegenwärtige Diskussion über ein legales Töten menschlichen Lebens ist, kann jeder daran erkennen, dass die linken Politiker sich dafür einsetzen, junge Kröten gegebenenfalls über die Straße zu tragen, damit ihnen kein Leid zugefügt wird, beim Abtöten eines Embryos aber kein Problem sehen und alle technischen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, damit dies möglichst ohne Nebenwirkungen für die betroffenen Mütter geräuschlos erfolgen kann.
Es gibt es keinen Grund, an der bisherigen Gesetzlage etwas zu ändern. Aber vielleicht bezweckt der Gesetzgeber ganz andere Vorstellungen, die mit den bisherigen ethischen Fragen, was menschliches Sein ist, gar nichts zu tun haben. Vielleicht glauben die gegenwärtig agierenden Politiker wirklich, sie hätten die Rolle des Schöpfers der Welt übernommen und seien selbst in der Lage, die links-grünen Naturgesetze in Kraft zu setzen. Bei einer solchen Entwicklung fragt sich, wie lange es dauert, bis die ersten Fachkommissionen von der Regierung eingesetzt werden, die auch vorschlagen, das Töten von Leben von einem bestimmten Lebensjahr an, gesetzlich zu erlauben. Mit Aldous Huxley kann man da nur noch sagen: „Brave New World“ – „Schöne Neue Welt“.