Die Sächsische Zeitung veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 10./11.Juli 2021 einen Artikel von Olaf Knittel zum Thema: “Was können wir gegen den Haß tun?” Olaf Knittel ist der Ombudsmann bei der Sächsischen Zeitung, der sich um die Belange der Leser kümmert und Anregungen und Kritik der Leser aufgreift, damit sie in der Redaktionsarbeit der Zeitung ihren Niederschlag finden.
Bornemann-Aktuell hält das von der Sächsischen Zeitung aufgegriffene Thema für ausgesprochen wichtig, weil es durchaus Anzeichen gibt, daß sich unsere Gesellschaft in einem regelrechten “gedanklichen Kriegszustand” befindet. Durch das “Anheizen” bestimmter Themen von Gruppierungen, die teilweise in ihrer Zusammensetzung der breiten Öffentlichkeit gar nicht bekannt sind – es gibt ca. 300 “Lehrstühle” von Genderideologen an deutschen Hochschulen – wird eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben. Schlimm ist dabei, daß diese Gruppierungen sich auf die sogenannte “Wissenschaft” berufen, wobei nie erkennbar ist, um welche Wissenschaft es sich dabei handeln soll.
Wir haben auf den Artikel in der Sächsischen Zeitung reagiert und dem Ombudsmann der Zeitung in einem Brief unsere Beurteilung über die möglichen Gründe des sich immer stärker zu beobachtenden Hasses in der Gesellschaft geschrieben. Wir möchten diesen Brief auch den geneigten Lesern von Bornemann-Aktuell nicht vorenthalten.
Sehr geehrter Herr Kittel,
mit großem Interesse habe ich Ihre Ausführungen in der heutigen Ausgabe der SZ zum Thema “Was können wir gegen den Haß tun?” gelesen. Ich begrüße es sehr, daß diese Thematik von Ihrer Zeitung so grundsätzlich und sehr umfassend angesprochen wurde. Sie stellen zurecht die Frage, was wir tun können, um diese unseelige Entwicklung zu stoppen und möglichst wieder zu einem vernünftigen gesellschaftlichen Miteinander zu kommen. Allerdings bin ich davon überzeugt, daß Lösungen nur dann erfolgreich sein können, wenn man analysiert hat, warum eine solche schlimme Entwicklung in Deutschland – ähnliche Entwicklungen gibt es ja inbesondere in den USA, aber auch in anderen europäischen Staaten – eingetreten ist.
Das gegenwärtige Klima in Deutschland ist von einer dauerhaften Auseinandersetzung gekennzeichnet, die unsere Gesellschaft in zwei Gruppen spaltet und deren Auswirkungen ja bis in die Familien hinein zu beobachten sind.
Woher kommt denn jetzt der Haß und die Unversöhnlichkeit in unserer Gesellschaft? Bei einer objektiven Betrachtung muß man zu dem Ergebnis kommen, daß die jetzt bestehende Situation eine lange Vorgeschichte hat und keinesfalls erst das Ergebnis einer spontanen Reaktion der Bevölkerung auf ein konkretes Ereignis ist. Seit Jahrzehnten wird bereits von links orientierten politischen Gruppierungen daran gearbeitet, eine Entwurzelung des Einzelnen zu betreiben, um mehr Enfluß auf das Denken und Handeln der Bürger zu bekommen. Die Familie wird seit Jahrzehnten bereits in Frage gestellt, die berufliche Tätigkeit wird als das einzige Modell gesehen, um sich selbst verwirklichen zu können. Ganz nebenbei hat man erreicht, die Einkommensituation der breiten Mittelschicht so zu reduzieren, daß in der Regel Vater und Mutter beruflich arbeiten müssen, um die Finanzierung der Familie sicherzustellen. Die Aushebelung der früheren Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik wurde so stringent vorangetrieben, daß dies für die Bürger bei unvorhergesehenen Problemen zu erheblichen zusätzlichen Belastungen, kommen mußte. Beispiel: Wegfall der Berufsunfähigkeits- und Erwerbstätigkeitsrente, die Bestandteil der Rentenversicherung war und eine gewisse soziale Absicherung bedeutete. Den Bürgern wurde vermittelt, daß die gesamte Welt nur ein großes Kaufhaus ist, in dem man alle Dienstleistungen “einkaufen” kann. Allerdings stellten viele Bürger schnell fest, daß sie oft dafür gar kein Geld zur Verfügung hatten, um sich zum Beispiel bei gesundheitlichen Problemen “Leistungen einkaufen” zu können. Hier denke ich z. B. an die Zahnerstatzversorgung, an die Versorgung mit Hilfsmitteln (Brillen etc.). Es ist doch wahrlich kein normales Lebensgefühl mehr, wenn man als Bürger einer Stadt in der eigenen Stadt dafür zusätzlich bezahlen muß, wenn man in einen Park (Pillnitz) gehen möchte. Eigentlich waren dafür die allgemeinen Steuern vorgesehen, so daß man nicht in seiner eigenen Stadt noch Eintritt zahlen muß.
Den Bürgern wurde dann von der Politik eingeredet, daß sie sich weltoffen und multikulti zu orientieren haben. Alle Bürger seien Weltbürger und es ist gleichgültig, ob sie in Dresden, New York oder Tokio mal eben ihre Nebenwohnung besuchen. Aber auch hier merkten die meisten Bürger sehr schnell, daß ihr Lebensumfeld doch mehr die nähere Umgebung ist, die aber mehr oder weniger gar nicht mehr seine eigene sein soll.
Den Bürgern wurde eingeredet, es gibt keine Nationen, denn das ist nationalistisch. Wir sollen uns in einem Europa wiederfinden. Dabei wird den Bürgern eine EU serviert, die gar kein Staat ist, aber wie ein Staat auftritt. Die sich an keine Regeln hält und Schulden aufnimmt, obwohl dies nie beschlossen war. Eine EU, die nur noch von Wirtschaft redet und bei der die kulturellen Unterschiede der einzelnen Völker immer mehr zu einer einheitlichen amerikanischen Coca-Cola-Mentalität verändert werden.
Man drängt den Bürgern eine Sprechweise auf, die unsere Sprache und vor allen Dingen das Denken zerstört und setzt dies gegen den Willen der Bevölkerung brutal mit Hilfe der öffentlich rechtlichen Sendeanstalten durch.
Das Überschwappen der Identiätspolitik aus den USA trägt zusätzlich zu der Vergiftung unseres Miteinanders bei. Aber auch die sogenannte Klimadiskussion ist mittlerweile ein Misch-Masch aus politischer Agitation und einer richtigten Darstellung von Problemen, die gelöst werden sollten. Es werden aber keine Lösungen formuliert, die es durchaus gibt, sondern die Probleme werden mißbraucht, um poltische Ziele durchzusetzen.
Die Parteien werden zu einem Einheitsbrei zusammengebracht, so daß ein Bürger heute gar keine Chance hat, nicht links wählen zu müssen, wenn er nicht auf die AfD zurückgreift. Auf die Währungsprobleme will ich an dieser Stelle gar nicht eingehen, sie sind aber probelmatischer, als den Bürgern eingeredet wird.
Ich könnte diese Themen weiter beschreiben, bin mir aber sicher, daß deutlich geworden ist, was ich als Ursache der gegenwärtigen Problematik ansehen.
Natürlich können sich viele Bürger, die nur noch wütend sind, nicht oder falsch artikulieren. Dann ist es für mich als Sozialarbeiter auch sehr verständlich, wenn viele Bürger leider mit Aggressionen reagieren, die sich z. B. in Leserbriefen wiederfinden.
Mein Lösungsvorschlag ist, daß wir einen gemeinsamen gesellschaftlichen Diskurs führen müssen. Wir müssen die Meinungen anderer Gruppen ernst nehmen und dürfen nicht Bürger verdammen, die schlicht und einfach in ihrer Heimat ohne politische Indoktrination leben wollen. Wir sollten wieder zulassen, daß es nicht nationalistisch ist, wenn jemand meint, Europa ist die Summe souveräner Staaten, die friedlich miteinander kommunizieren, ohne zu einem poltischen und gesellschaftlichen Einheitsbrei verschmolzen zu werden.
Abschließend danke ich für die Diskussion in der SZ, weil dies wohl die einzige Möglichkeit ist, den Lesern zu zeigen, daß man sie Ernst nimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg-Michael Bornemann