Seit Bestehen der Europäischen Union ist die Anzahl ihrer Agentur nahezu explodiert: Mittlerweile greifen 43 EU-Agenturen, Hand in Hand mit der Europäischen Kommission, in immer mehr Bereiche unseres Lebens ein. Joachim Kuhs, haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Delegation im EU-Parlament und Mitglied im Bundesvorstand der Alternative für Deutschland, äußert sich zu diesen Entwicklungen wie folgt:
,,Jährlich gibt die EU 14,9 Milliarden Euro für Exekutivagenturen aus, 3,7 Milliarden Euro für dezentrale Agenturen und 8,1 Milliarden Euro werden von den Kreditinstituten in den einheitlichen Abwicklungsausschuss und den einheitlichen Abwicklungsfonds eingezahlt.
Es erübrigt sich zu betonen, dass nur ein winziger Teil der europäischen Agenturen wirklich sinnvoll ist, wie etwa die EURATOM-Versorgungsagentur, Europol, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, die Europäische Agentur für das Globale Satellitennavigationssystem und die Grenzschutzagentur Frontex.
Leider erweitert die Europäische Union die Liste neuer Agenturen ständig. Im Rahmen des aktuellen MFR 2021-2027 plant die Europäische Kommission die Bildung mindestens einer weiteren Agentur, nämlich der Europäischen Exekutivagentur für Gesundheit und digitale Kommunikation. Der Anstieg der europäischen supranationalen Strukturen löst immer wieder die alte Debatte über das Gleichgewicht zwischen Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und nationalen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten aus.
Die gegenwärtigen Tendenzen laufen offenkundig auf eine Eigenstaatlichkeit der EU, eine Aushöhlung des Subsidiaritätsprinzips und eine Auflösung der Nationalstaaten hinaus. Und wer bezahlt das alles? Vorrangig die Deutschen.‘‘
Wir haben die Pressemitteilung der AfD zum Anlaß genommen, um nähere Informationen zu erhalten, auf welcher Rechtsgrundlage diese Agenturen installiert werden und wie die Finanzierung dieser Agenturen erfolgt.
Nach Rückfragen beim Europe Dienst Kontaktzentrum wurde uns mitgeteilt, daß es gegenwärtig keine allgemeine Rechtsgrundlage für die Errichtung von EU-Agenturen gibt. In der juristischen Fachliteratur und in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird derzeit überwiegend die Auffassung vertreten, dass EU-Agenturen auf der Grundlage des jeweiligen Vertragsartikels, der die Rechtsgrundlage für einen bestimmten Politikbereich bildet, geschaffen werden können. Der Gemeinsame Ansatz schweigt zu dieser Frage. Die meisten Agenturen verfügen über einen eigenen Haushalt. Derzeit werden 11 Agenturen vollständig aus dem EU-Haushalt finanziert, während vier Agenturen sich vollständig selbst finanzieren. Die anderen 21 Agenturen sind teilweise von EU-Zuschüssen abhängig. Das Gemeinsame Konzept sieht vor, dass in den letztgenannten Fällen die Gebühren die Kosten für die erbrachte Dienstleistung decken sollten.
Es ist schon sehr problematisch, wenn in zunehmenden Maße Behörden – denn letztlich sind dies die Agenturen der EU – an den Parlamenten vorbei eingerichtet werden, die sich mit Fragestellungen befassen, die in die Zuständigkeiten der nationalen Staaten selbst fallen. Die Gefahr einer solchen Entwicklung ist mehr als deutlich zu erkennen. Einerseits werden Einrichtungen geschaffen, deren Aufgabenstellungen von den einzelnen Ministerien der in der EU zusammengeschlossenen nationalen Staaten doppelt wahrgenommen werden und damit zusätzlich Geld der Steuerzahler kosten. Anderseits werden Entscheidungen ohne eine Veranlassung der nationalen Staaten von der EU-Bürokratie in Brüssel vorbereitet und ohne daß diese darauf Einfluß nehmen können. Die EU-Bürokratie verschafft sich damit regelrechte „Neben-Ministerien“, die nach den EU-Verträgen gar nicht vorgesehen sind.
Insofern besteht die sehr reale Gefahr, daß die nationalen Zuständigkeiten regelrecht ausgehebelt werden. Natürlich entstehen mit der Schaffung von „Pseudoministerien“ zusätzliche Kosten, die vielleicht vorübergehend aus dem bereits beschlossenen Haushalt der EU finanziert werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß diese Kosten mittel- und langfristig dann doch den Mitgliedsstaaten in Rechnung gestellt werden, ohne daß diese vorher selbst darüber entscheiden konnten, ob sie diese Leistungen überhaupt von der EU haben wollten.
Problematisch sind insbesondere die Agenturen, die sich mit Fragestellungen befassen, die in keiner Weise nach den geltenden Verträgen in die Zuständigkeit der EU fallen, weil sie ausschließlich nationale Angelegenheiten sind. Ein Blick in die Zusammenstellung der bereits vorhandenen Agenturen zeigt, daß diese Befürchtung keinesfalls unbegründet ist. Man könnte auch die Frage stellen, ob das Europäische Parlament in den Entscheidungsprozeß eingebunden gewesen ist. Wahrscheinlich ist dies hier nicht anders als bei andren wichtigen Entscheidungen, das Parlament weiß von nichts.
Es ist ausgesprochen notwendig, die Einrichtung von Agenturen einer besonderen Betrachtung zu unterziehen und zu prüfen, ob hier die EU-Bürokratie nicht an den nationalen Staaten vorbei eigene neue Strukturen aufbaut.