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Ein Brief in die Ewigkeit an den heiligen Martin

Lieber heiliger Martin,

der Katholikentag stand in diesem Jahr in Stuttgart unter dem Motto „Leben teilen“. Dabei berief man sich auf Dich, weil Du der Legende nach Deinen Mantel zerschnitten hast, um ihn mit einem Bettler zu teilen.

Was mich sehr überraschte, war die Tatsache, dass zwar viele von Dir und über Dich reden. Als ich aber in dem weltlichen Wikipedia etwas mehr über Dich wissen wollte, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass man dort nichts über Dich geschrieben hat. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass man glaubt, von großen Heiligen nichts mehr hören zu müssen, weil man, doch selbst glaubt zu wissen, was richtig und was falsch ist. Es wird uns auch immer wieder gesagt, dass wir mit unseren Gedanken Vorreiter für andere sind, obwohl ich nicht weiß, ob diejenigen, die so etwas behaupten, wissen, ob nicht die vermeintlichen Unwissenden, eben diejenigen, die keine Vorreiter sein sollen, Dir mit Deinem praktischen Handeln viel näherstehen.

Immerhin hat sich die Leitung des Katholikentages an Dich erinnert, wenngleich ich befürchte, dass diese Dich etwas falsch verstanden haben dürfte. Wahrscheinlich ging es bei Dir eben nicht darum, eine Grundhaltung christlicher Weltverantwortung zu zeigen und auf die barmherzige „Selbst-mit-teilung“ eines Gottes hinzuweisen, sondern durch das Zerschneiden Deines Mantels, das dazu führte, dass ein anderer nicht frieren musste, wolltest Du ohne Ansehen und Bewertung einer anderen Person schlicht und einfach nur helfen. Wahrscheinlich hättest Du Dir kein Solidaritätsschal umgehängt, um damit diejenigen zu beschämen, die vielleicht meinen, dass es Solidarität für Gute, aber auf keinen Fall für Böse geben darf.

Lieber Martin, ich bitte Dich, dass Du auch über Deine Namensbrüder, die ja auch heute noch auf dieser irdischen Welt Gutes tun, darauf hinwirken mögest, dass Deine eigentliche Tat, nämlich das Helfen in einer spontanen Situation, wieder mehr in das Bewusstsein gerückt wird. So wie die Kinder bei den Martinsumzügen im Schein der Lampions sich an Deiner Tat freuen, wie Du sie gemacht hast, sollten auch wir auf der Erde wieder ohne gesellschaftspolitischen Hintergrund und ohne vorherige theologische tiefgründige oder vielleicht auch abgründige Gedanken handeln. Mit Sicherheit wird die Welt damit wieder etwas heller.

Viele Würdenträger in der Kirche müssten noch nicht einmal ihre Gewänder zerschneiden, um einen Frierenden zu versorgen. Sie brauchten lediglich aus ihrer materiellen Fülle auf einen kleinen Teil zu verzichten und könnten mehr helfen als es nur mit der Weitergabe eines geteilten Gewandes möglich ist.

Heiliger Martin, gib Deiner Kirche ein Zeichen, damit wir vielleicht wirklich Vorreiter des Helfens in der Welt werden.

Es grüßt Dich herzlich Dein

Erdenbürger Jörg-Michael Bornemann

Von Bornemann

Dipl.- Sozialarbeiter
Mitglied im Verband Deutscher Pressejournalisten
Studium Sozialarbeit
AKAD Management-Fernstudium
Ergänzungsstudium Wirtschaftsphilosphie

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