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Wird die politische Meinung jetzt mit Mitteln der Beschlagnahmung von Vermögen durchgesetz?

In einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München wird mitgeteilt, dass in München drei Wohnungen von russischen Staatsbürgern, die ihren Wohnsitz in München haben, beschlagnahmt wurden.
Die Staatsanwaltschaft München I hat in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt, dem Kommissariat 31 des Polizeipräsidium München sowie dem Finanzamt München umgehend Ermittlungen wegen des Anfangsverdacht strafbarer Handlungen aufgenommen. Ab 14.06.22 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von drei Immobilien (Privatwohnungen) in München sowie des Bankkontos, auf dem die Mietzahlungen von monatlich insgesamt rund 3500 Euro eingehen.
Die Staatsanwaltschaft teilt in ihrer Pressemitteilung mit, dass es sich bei diesem Fall erstmalig nicht nur um ein sogenanntes “Einfrieren”, sondern um die Beschlagnahme von Immobilien handelt. Dabei bezieht man sich auf die Grundlage von §§ 111 b Abs. 1, 111 j Abs. 1 Satz 1 StPO. Nach Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft München sei dieses Vorgehen trotz des bisherigen Fehlens vergleichbarer Vorgänge und einer Rechtsprechung zulässig.

Der Eigentümer zweier dieser Immobilien ist ein Ehepaar, jeweils zu gleichen Teilen, der Ehemann, der Mitglied der russischen Duma ist. Die dritte Immobilie gehört seiner Frau allein. Die Staatsanwaltschaft München vertritt die Auffassung, dass auch die Ehefrau, obwohl sie namentlich nicht auf der (sogenannten) Sanktionsliste steht, als Ehefrau in der gleichen Weise zu behandeln sei, wie ihr Ehemann.
Bereits im Zuge der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland erließ der Rat der Europäischen Union am 17.03.14 mit EU-Verordnung Nr. 269/2014 erste restriktive Maßnahmen gegen Personen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen. Mit EU-Durchführungsverordnung 2022/261 vom 23.02.22 wurde im Zuge der neuerlichen russischen Aggressionen auch der Beschuldigte L. in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt wurden, als sanktionierte Person aufgenommen, da er für eine Entschließung gestimmt hatte, in der Präsident Wladimir Putin dazu aufgefordert wird, die von den Separatisten beanspruchten Gebiete der Ostukraine, die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk, als unabhängige Staaten anzuerkennen. Gemäß Artikel 2 der EU-Verordnung 269/2014 dürfen den in dortigem Anhang I aufgeführten natürlichen Personen oder mit diesen in Verbindung stehenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 b) Außenwirtschaftsgesetz (AWG) ist ein vorsätzliches Zuwiderhandeln gegen dieses Verfügungsverbot strafbar. Gegen die Beschuldigten L. und K. besteht daher der Verdacht von strafbaren Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 b) AWG i.V.m. Art. 2 EU-Verordnung Nr. 269/2014 in zwei (L.) beziehungsweise drei (K.) tatmehrheitlichen Fällen.

Nach § 20 AWG unterliegen Gegenstände, auf die sich diese Straftat bezieht, der Einziehung. Zur Sicherung dieser Einziehung und zur Vermeidung etwaiger nachteiliger Verfügungen (z.B. Belastung durch Grundpfandrechte) über die zu sichernden Gegenstände, Rechte und Forderungen hat die Staatsanwaltschaft München I beim Amtsgericht München – Ermittlungsrichter – die Beschlagnahme der Wohnungen, unter anderem mit bestehenden und künftigen Nutzungsrechten, sowie die Beschlagnahme des Kontos der Beschuldigten K., auf dem die Mietzahlungen eingehen, erwirkt. Der Vollzug der ermittlungsrichterlichen Beschlüsse wurde am 14.06.22 veranlasst. Durch die entsprechenden Eintragungen im Grundbuch am 20.06.22 ist die Beschlagnahme wirksam geworden. Die Mieter dürfen weiter in den Wohnungen verbleiben. Sie dürfen jedoch aufgrund der Pfändung keine Mietzahlungen mehr an die Beschuldigten leisten, die Mieten sind vielmehr beim Amtsgericht München zu hinterlegen.

Im Klartext bedeutet das Vorgehen der Staatsanwaltschaft München, dass es strafbar ist, eine Meinung zu vertreten, die nicht der politischen Auffassung der westlichen Wertegemeinschaft entspricht. Soweit aus der vorliegenden Presseerklärung der Staatsanwaltschaft zu entnehmen ist, sind die beschlagnahmten Immobilien nicht unter kriminellen Umständen erworben worden. Sie wurden auch nicht dazu verwendet, strafrechtlich relevante Handlungen vorzunehmen. Sofern dies zutreffen würde, wäre die von der Staatsanwaltschaft angegebene Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung zulässig. Die Tatsache, dass ein russischer Staatsbürger, der in Deutschland wohnhaft ist, für die Politik seines Landes eintritt, aber selbst nicht an einer kriegerischen Auseinandersetzung aktiv beteiligt ist, kann kein Grund für Sanktionsmaßnahmen sein, die nach deutschem Recht überhaupt nicht vorgesehen sind. Wenn dieses Vorgehen Schule machen sollte, es sind durchaus entsprechende Anzeichen sichtbar, bedeutet dies das Ende eines gegenseitigen Vertrauens, im Ausland Eigentum erwerben zu können. Die Fortsetzung einer solchen Entwicklung führt zu einem allgemeinen staatlichen Raub von Vermögen. Es wird sich dann keine Person und keine juristische Person mehr sicher sein, möglicherweise sein Eigentum zu verlieren. Glaubt man wirklich, dass Russland ein solches Verfahren auf Dauer hinnehmen wird? Es werden vielmehr Gegenreaktionen erfolgen, die dazu führen, dass es keine Rechtssicherheit mehr gibt.

Natürlich kann man die Auffassung vertreten, dass die russische Vorgehensweise gegen die Ukraine verwerflich sei. Aber es bleibt festzuhalten, dass es sich ausschließlich um eine Auseinandersetzung zwischen zwei Völkern handelt, die geschichtlich und ethnisch sehr eng miteinander verbunden sind. Im deutschen Grundgesetz steht nicht, dass sich deutsche Staatsbürger dafür einzusetzen haben, was ihnen aus Brüssel oder den USA politisch vorgegeben wird. Insofern kann es nicht strafbar sein, sich verbal für bestimmte Kriegsparteien einzusetzen, wenn dies nicht mit Gewalt vom deutschen Territorium aus verbunden ist. Es ist schon eine gewagte rechtliche Dehnung der jetzt von der Staatsanwaltschaft München angegeben Rechtsgrundlage, die zur Begründung der – aus unserer Sicht – rechtlich nicht zulässigen Maßnahme der Beschlagnahme herhalten soll.

Es bleibt nur zu hoffen, dass das Gericht nunmehr der Auffassung der Staatsanwaltschaft München nicht folgt und den Fall wieder auf eine rechtliche Grundlage zurückbringt. Sicher kann man nicht sein, denn die USA scheinen mittlerweile auch immer mehr zu bestimmen, was Recht außerhalb ihres Staatsgebietes zu sein hat.