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Die Wahlrechtsreform der Ampel – eine Stärkung des Parteienmonopols

Aktuell sind sich alle einig, die Zahl der Bundestagsabgeordneten muss begrenzt werden, ja es ist dringend erforderlich, dass die Zahl der Abgeordneten erheblich verringert wird. Mittlerweile hat die Bundesrepublik Deutschland mit eines der größten Parlamente. Vielleicht hätten manche Bürger sogar noch ein gewisses Verständnis für die Größe des Parlaments, wenn sie den Eindruck haben könnten, die Abgeordneten würden wirklich die Interesse ihrer Bürger vertreten. Leider ist zu erkennen, dass sie immer mehr nur dem Willen ihrer jeweiligen Fraktionsleitungen folgen und ihre eigene Meinung kaum noch ins Gewicht bei den Entscheidungen fällt.

Mit den Stimmen der sogenannten Ampelparteien wurde gegen den Willen der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien eine „Wahlrechtsreform“ beschlossen, die – wie so viele andere Entscheidungen des Bundestages – wieder einmal auf dem Prüfstand der Verfassung stehen. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt gegenwärtig aufgrund von Klagen der CSU und der Partei „Die Linke“ über die Frage, ob die neuen Regelungen, die für die Wahl des Bundestages gelten, verfassungskonform seien. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass dies nicht zutrifft.

Worum geht es? In der Kritik stehen zwei Grundpfeiler des jetzt existierenden Gesetzestextes, der sogenannten Wahlrechtsreform. Es erfolgt ein Eingriff bei der Zweitstimmendeckung und bei der Grundmandatsregelung. Die jetzt vorliegende Regelung hätte zur Folge, dass zwei der gegenwärtig im Bundestag vertretenen Parteien zukünftig nicht mehr im Bundestag vertreten sind. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Parteienkonstellation der links-woken Ampelparteien zielstrebig darauf hingearbeitet haben, zwei missliebige kleine Parteien mit vermeintlich demokratischen Methoden aus dem Bundestag zu entfernen. Dieser Vorwurf wurde heute in einem Interview des Deutschlandfunks von Gregor Gysi sehr konkret erhoben.

Das durchaus berechtigte Vorhaben der Reform des Wahlrechts, war die Vermeidung der sogenannten Überhangmandate, die inzwischen dazu führten, dass der Bundestag immer weiter aufgebläht wurde. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man eine Veränderung der sogenannten Zweistimmendeckung vorgenommen. Bisher war die erste Stimme des Wählers die Stimme für die jeweilige Partei. Die sogenannte Zweitstimme bezog sich auf einen konkreten Abgeordneten, den der Wähler in den Bundestag einziehen lassen wollte. Damit waren alle Kandidaten, die von den Wählern direkt in den Bundestag gewählt wurden, gewählt. Zusätzlich rückten die Abgeordneten in den Bundestag ein, die von ihren Parteien auf den Parteilisten standen. Damit wurden viele Abgeordnete nicht direkt von den Wählern, sondern indirekt über die Parteilisten in den Bundestag gewählt. Das Verhältnis zwischen den direktgewählten Abgeordneten und den Abgeordneten, die über die Parteilisten in den Bundestag kamen, wurde wieder über die sogenannten Überhangmandaten ausgeglichen. Damit war sichergestellt, dass die Parteien entsprechend des erreichten Prozentsatzes auch als Parteien im Bundestag vertreten sein konnten. Genau an dieser Schraube hat man jetzt gedreht. Zukünftig sollen Abgeordnete nur dann in den Bundestag kommen können, wenn sie entweder über die Parteilisten gewählt wurden oder wenn bei einer Direktwahl die Partei, der die Direktkandidaten angehören, mehrheitlich gewählt worden ist. Damit wäre es möglich, dass ein direkt gewählter Kandidat nicht in den Bundestag einziehen kann, weil seine Partei in dem betreffenden Wahlkreis keine Mehrheit erreicht hat. Damit sichern sich die Parteien ihren eigenen Macht-Einfluss. Nach dem Grundgesetz wirken sie bei der politischen Meinungsbildung mit, faktisch bestimmen sie mittlerweile allein, was politisch umgesetzt werden kann. Mit der jetzt vorgesehenen Regelung wird das Parteienmonopol noch verstärkt.

Ein weiterer sehr wesentlicher Bestandteil des bisherigen Wahlrechts wurde ebenfalls geändert. Bisher galt die Grundmandatsregelung. Diese wurde eingeführt, damit regionale Besonderheiten bei der Wahl der Abgeordneten berücksichtigt werden. Auch eine Partei, die bundesweit keine 5% der Wähler erreichte, ist in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten, wenn sie drei Direktmandate erhalten hat. Dies war in der gegenwärtigen Legislaturperiode bei der Partei „Die Linke“ gegeben. Die CSU hatte bisher knapp über 5% der Stimmen bezogen auf den Bundesdurchschnitt erreicht, könnte aber an dieser Schwelle zukünftig ebenfalls scheitern. Die Mehrzahl der Abgeordneten der CSU wurden bisher direkt in den Bundestag gewählt, so dass dies zukünftig irrelevant werden könnte.

Gregor Gysi wies darauf hin, dass die Umstände, wie die Wahlrechtsänderung zustande gekommen ist, nichts mit einem demokratischen Verfahren zu tun gehabt hat. Die Entscheidung, auf die Grundmandatsregelung zu verzichten, wurde von den Ampelparteien ohne Möglichkeit einer umfassenden Beratung im Bundestag unmittelbar vor Einbringen des Gesetzentwurfs eingebracht. Gysi machte deutlich, dass zwischen der Zweitstimmendeckung und der Grundmandatsregelung eine Verbindung wie bei kommunizierenden Röhren besteht. Ändert man die Voraussetzungen auf einer Seite, verändern sich die Gegebenheiten automatisch auf der anderen Seite der Röhre. Die jetzt bestehende Regelung führt dazu, dass kleine Parteien zukünftig kaum eine Chance haben, im Bundestag vertreten zu sein.

Nun ist es nicht neu, dass die gegenwärtige Regierung ständig Gesetze beschließt, die sich als rechtswidrig herausstellen. Bisher konnte man davon ausgehen, dass dies aus der Unfähigkeit der agierenden Politiker erfolgte. Bei der Wahlrechtsreform spricht allerdings viel dafür, dass eine zielgerichtete Veränderung der Meinungsbildung im Bundestag mit vermeintlich demokratischen Mitteln erreicht werden sollte. Jetzt können die Bürger nur hoffen, dass der Rechtsbruch so erheblich ist, dass auch das Bundesverfassungsgericht nicht mehr umhinkommt, dieser Regierung ein Stopp-Schild zu setzen. Sicher kann man allerdings bei dem gegenwärtigen Bundesverfassungsgericht auch nicht sein.