Jetzt haben die Politiker es wieder einmal geschafft, auch das letzte Refugium, dass sich nicht politischen Vorstellungen unterwerfen sollte, für sich zu vereinnahmen.
Der Sport war der Bereich, in dem es grundsätzlich bis in die Gegenwart möglich gewesen ist, dass sich Sportler begegnen konnten, ohne dass bestimmte gesellschaftspolitische Vorstellungen und Hintergründe bei den einzelnen Sportlern hinterfragt wurden und die Voraussetzung war, überhaupt an einem sportlichen Wettkampf teilzunehmen.
Besonders die Olympischen Spiele sind nur deshalb seit über 2000 Jahren noch immer aktuell und finden statt, weil man sich im allgemeinen an dem Grundprinzip gehalten hat, dass es bei diesen Spielen ausschließlich um den sportlichen Wettkampf geht. Natürlich haben auch in der Vergangenheit die Politiker aller politischen Lager den Versuch unternommen, sportliche Wettkämpfe und erst recht solche der Olympischen Spiele, für ihre eigene Propaganda zu missbrauchen. Dabei muss man gar nicht nur an die olympischen Spiele 1936 in Berlin denken, auch die Spiele 1920 in Belgien und 1924 in Paris waren, damals mit einer anderen politischen Zielrichtung intendiert. 1920 hatte man deutsche und österreichische Sportler von den olympischen Spielen nicht eingeladen, als Folge des 1. Weltkrieges. Dies bedeutete einen faktischen Ausschluss der Sportler.
Die ursprüngliche Idee von Spielen, die außerhalb des politischen Kampfes in einem Freiraum stattfinden, wurde bereits durch Kaiser Nero im Jahr 67 nicht eingehalten, als Kaiser Nero trotz Herausfallens aus dem Kampfwagen sich unter Drohung von Gewalt zum Sieger erklären ließ. Kaiser Theodose löste die Spiele auf, als er im Jahr 933 nach Christus alle heidnischen Zeremonien verbieten ließ, zu denen seiner Meinung nach auch die Olympischen Spiele zählten. (Quelle: „Die Olympischen Spiele als Mittel der Politik“, Facharbeit von Michael Wälischmiller, 2010.
Wie so oft waren und sind es die Politiker, die viel von gesellschaftlicher Gemeinsamkeit und miteinander reden, heute meint man ja sogar, dass sich alle unterhaken sollen, die aber diese Gemeinsamkeiten der Völker immer wieder zerstören, weil sie ihre eigenen politischen Ziele für wichtiger halten als ein gutes Miteinander der Völker.
So ist es auch keinesfalls überraschend, dass die Politiker meinen festlegen zu müssen, dass bei den kommenden Olympischen Spielen Russland auszuschließen sei. Offiziell meint man, dass Sportler, die den Krieg auf dem Gebiet der Ukraine unterstützen und auch solche, die sich nicht explizit gegen diese Auseinandersetzungen aussprechen, von den Olympischen Spielen ausgeschlossen werden sollen. Natürlich, wie könnte es auch anders sein, ist es die Ukraine, die sich massiv gegen die Teilnahme von russischen Sportlern einsetzt und damit droht, ggf. selbst die Spiele zu boykottieren. Man könnte geneigt sein, dazu festzustellen, dann sollten sie es doch tun und das Problem wäre gelöst. So einfach ist es jedoch nicht, weil es sich offensichtlich nicht um die Meinung von einzelnen Sportlern handeln wird, sondern hier wieder einmal die Politiker im Hintergrund auf dem Rücken der Betroffenen ihre Fäden ziehen. Zu allen Unbill hat sich nun auch noch das Olympische Komitee erdreistet, darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich keine Sportler, also auch die aus Russland und aus Weißrussland, nicht von den Olympischen Spielen ausgeschlossen werden dürfen. Allerdings hat es gleichzeitig entschieden, dass eine Teilnahme dieser Sportler nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Es muss überprüft werden, ob sich die Sportler, die an den Spielen teilnehmen wollen, nicht aktiv am Krieg mitgewirkt haben oder sich für diesen ausgesprochen haben. Dazu soll ein Überprüfungsverfahren installiert werden, bei dem man zurzeit noch nicht weiß, wie und nach welchen Kriterien diese Prüfung erfolgen soll. Es ist auch völlig unklar, ob die betroffenen Sportler vor einer Entscheidung gehört werden müssen und ob sie sich anwaltlich vertreten lassen können.
Egal, wie das Verfahren gestaltet wird, der Flurschaden ist bereits jetzt vorhanden. Wieder einmal sollte jedem Bürger deutlich werden, dass es keine Bereiche mehr gibt, in denen die Politiker meinen herumfuhrwerken zu müssen. Es zeigt sich ferner, dass immer die politisch Mächtigeren darüber entscheiden, was andere zu tun oder zu unterlassen haben. Mir ist nicht bekannt, dass man während des Irakkrieges und anderer völkerrechtswidriger Übergriffe der USA, deren Sportler von irgendwelchen Sportveranstaltungen ausschließen wollte.
Vielleicht ist es besser, wenn die Olympischen Spiele, wie im übrigen auch andere große Sportwettbewerbe, gänzlich aufgegeben werden. Wenn der Sport nur noch ein politischer Kampf mit anderen Mitteln ist, dann kann, ja man sollte dann auf ihn gänzlich verzichten. Damit gäbe es einen Konfliktbereich weniger.