Die Ereignisse um den anerkannten Medienwissenschaftler Norbert Bolz zeigen, dass das Überwachungssystem in Deutschland mit der vollen Unterstützung der CDU und der SPD sehr effektiv ausgebaut wurde. Dies erfolgte unter dem Radarschirm der Bürger, die wohl nach wie vor davon ausgehen, dass in einem Rechtsstaat die gezielte Überwachung von unbescholtenen Bürgern nur eine Verschwörungstheorie sein könne, weil Überwachungs-Praktiken nur in der früheren DDR mit der Stasi und in der Nazizeit von den Nationalsozialisten durch ihre berüchtigte Staatssicherheit praktiziert wurden.
Eine Hausdurchsuchung bei Norbert Bolz durch vier freundliche Polizeikräfte wies jedoch darauf hin, dass jeder Bürger, der etwas schreibt, was verboten ist, mit einem freundlichen oder vielleicht auch unfreundlichen Besuch von Staatsorganen rechnen muss. Natürlich hat jeder Bürger selbst die Pflicht, sich darüber zu informieren, welche Redewendungen verboten sind. Auch wenn solche Formulierungen für ironische Kommentare verwendet werden, wie dies der Prof. Bolz offensichtlich tat, kann es negative Folgen haben. Die „Junge Freiheit“ schreibt aktuell in ihrer Online-Ausgabe am 24.10.2025: „Während gegen den Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz wegen einer ironischen Wortwahl ermittelt worden ist, hat die Bundesregierung ein gleichnamiges Musikstück fördern lassen. Die Komposition „Deutschland erwache!“ stammt von dem Frankfurter Pianisten und Komponisten Martin Schmalz“. Claudia Roth hatte in ihrer damaligen Eigenschaft als Kulturministerin diese Veranstaltung gefördert. Laut Programmankündigung ziehe die Komposition „direkte Parallelen zur Zeit des Nationalsozialismus“ und enthalte „bissige Hitler- und Goebbels-Parodien“, die schließlich in einen „Aufruf zum Widerstand gegen faschistische Aggressoren“ münden, berichtete die „Junge Freiheit“. Es ist eben nicht unwichtig, wer in Deutschland etwas sagt.
Was den Vorgang um Norbert Bolz besonders unappetitlich macht, ist, dass eine sogenannte Meldestelle Norbert Bolz gemeldet haben soll, so dass er morgens – immerhin erst um 9.00 Uhr – freundlichen Besuch von Polizeibeamten bekam. Meldestellen, eine Errungenschaft der früheren SPD-Innenministerin Faeser, sind – im Gegensatz zu den früheren Stasidienststellen in der DDR – offen im Internet auffindbar. Bürger können, ja sie werden geradezu ermuntert, Hinweise über Äußerungen und Verhaltensweisen ihrer Mitbürger per App oder über gut vorbereitete Eingabeformulare im Internet, schnell und unkompliziert und vor allen Dingen unbemerkt von anderen Bürgern an staatliche Stellen weiterzuleiten. Diese selbsternannten Informellen Mitarbeiter sollen alles melden, was als Hass angesehen wird, was nicht mit den Normen der links-woken Auffassung übereinstimmt und wo man glaubt, Dinge wahrnehmen zu müssen, die dem politischen Mainstream nicht entsprechen. Wie der frühere Präsident des Inlandsgeheimdienstes, Haldenwang erklärte, gehören dazu auch Äußerungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit.
War die Denunziation früher eine Bürgerpflicht zum „Ruhm und zur Ehre des X. Parteitages der SED sowie ein Kampf gegen Antifaschismus und Imperialismus im Bruderkampf mit unseren sowjetischen Freunden“, so wird heute mit dem Helden-Begriff geworben. So wird die App einer Denunziationseinrichtung in Hessen „Melde-Helden-App“ genannt. Diese Maßnahmen sind natürlich nur zum Schutz unserer Demokratie und des wertebasierten Staatssystems erforderlich. Sie sind vor allen Dingen rechtsstaatlich, denn die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen wurden noch unter der Egide der Frau Faeser auf den Weg gebracht und jetzt auch von der CDU übernommen. Musste man zu DDR-Zeiten immerhin noch schriftlich eine Erklärung abgeben, dass man sich als IM zur Verfügung stellt, so kann man heute leicht, locker und unbemerkt per App über das Internet seine Beobachtungen an staatliche Überwachungseinrichtungen mitteilen. Einfacher geht es nicht, da soll einer sagen, in Deutschland müsse man die Verwaltungsabläufe beschleunigen. Da wir uns gar nicht vorstellen konnten, dass es ausgerechnet unter CDU-Regierungen möglich sein sollte, dass die von der früheren SPD-Innenministerin Faeser mit Akribie entwickelten und dann eingerichteten „Meldestellen“ jetzt zu ihrer Höchstform auflaufen, recherchierten wir im Internet und stellten fest, dass es gerade in Hessen und Nordrhein-Westfalen, beides Länder mit CDU-Innenminister, Meldestellen gibt, von den die meisten von privaten entsprechend zertifizierten Vereine betrieben werden. Natürlich werden auch die privaten Meldestellen staatlich finanziell gefördert, denn sie erfüllen ja eine staatspolitisch wichtige Aufgabe in unserem Land, das offensichtlich eine solche lückenlose Überwachung benötigt, um nicht im Faschismus zu versinken. Immerhin unterstützt die größte Oppositionspartei nicht die aktuelle Regierung, so dass damit auch der Beweis erbracht ist, dass es sich um eine gefährliche Partei handeln muss. So meint man es jedenfalls offensichtlich und wird den Bürgern vermittelt. Eine Opposition wurde im Übrigen auch in der DDR als staatsfeindlich betrachtet.
Es wäre doch einmal eine besondere Aktion, die Bevölkerung breitflächig darüber aufzuklären, mit welchen Methoden und in welchem Umfang aktuell eine Überwachung installiert wurde. Es könnte sein, dass viele Bürger entsetzt sind und sich mit Abscheu von solchen Aktivitäten abwenden. Damit gefährden sie aber, dass es viele Helden gibt, die am Jahresende das Gefühl haben, etwas Gutes für unsere Gesellschaft getan zu haben.
Was man aus dieser Entwicklung lernt, ist die Tatsache, dass sich die Strukturen einer Diktatur immer sehr schnell installieren lassen und die Mehrzahl der Bürger dies erst dann bemerkt, wenn es keine Chance mehr gibt, einer solchen Diktatur zu entkommen. Übrigens frage ich mich, ob der Begriff „Helden“ heute noch erlaubt ist.