Die bevorstehenden Besuche der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock in der Ukraine und in Rußland sind ein Anlaß, sich einmal näher mit der Qualifikation der gegenwärtigen Leitung des Auswärtigen Amtes zu befassen. Bisher war es unbestritten, daß besonders hohe Anforderungen an alle Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes eine zwingende Notwendigkeit gewesen sind. Schließlich ist das Auswärtige Amt die Institution, die eine Visitenkarte eines Landes gegenüber anderen Staaten ist.
Mit der Regierungsübernahme der links-gelben Koalition scheint man jetzt andere Prioritäten zu setzen. Eigentlich will man nicht davon ausgehen, daß Politiker so unfähig sind, daß sie gar nicht in der Lage sind, richtige Entscheidungen zu treffen und dies noch nicht einmal bemerken.
Mit Sicherheit darf man davon ausgehen, daß Rußland sehr darauf achtet, daß seine Vertreter die beste Ausbildung haben, eine umfassende Bildung vermittelt bekommen, um die Interessen ihres eigenen Landes wirkungsvoll vertreten zu können. Zu der umfassenden Bildung gehört es auch, die historische Entwicklung anderer Länder genaustens zu kennen und sich in die Mentalität anderer Völker hineinzudenken. Nur in Verbindung mit einem fundierten Fachwissen, aber auch einem fundierten Allgemeinwissen, können Interessen des eigenen Landes wirkungsvoll vertreten werden. Im Hinblick auf die Gespräche der deutschen Außenministerin, von der man mit Sicherheit sagen darf, daß ihre Qualifikation für das Ausfüllen ihres Amtes viele Fragen aufwirft, sollte man sich einmal die Qualifiaktion des Gesprächspartners in Rußland betrachten. Sergej Lawrow ist Absolvent der MGIMO, das ist das staatliche Institut für Internationale Beziehung. Diese Einrichtung hat den Status einer Universität. Von 1976 bis 1981 war Lawrow in der Abteilung für internationale Organisationen im sowjetischen Außenministerium tätig. Lawrow hat im Verlaufe seiner diplomatischen Berufstätigkeit umfassende Auslandserfahrungen und war in der Ständigen Vertretung der Sowjetunion bei den Vereinten Nationen in New York tätig und wurde am 9. März 2004 von Wladimir Putin als Außenminister berufen. Neben seiner Muttersprache Russisch spricht Lawrow fließend Englisch, Französisch (nicht fließend), sowie Singhalesisch und Dhivehi, die Amtssprache der Malediven.
Man darf auch mit Sicherheit davon ausgehen, daß die Mitarbeiter von Lawrow im Außenministerium keine Laien sind, sondern ebenso qualifizierte Ausbildungen und Berufswege, wie ihr Chef hinter sich haben.
Die Leitung des deutschen Außenministeriums scheint hier einen anderen Qualitätsanspruch an sich selbst anzulegen. Nachdem bereits bei der Außenministerin erhebliche Zweifel einer angemessenen Qualifiaktion für eine korrekte Wahrnehmung dieser anspruchsvollen Aufgabe bestehen, hätte man davon ausgehen können, daß sich eine Ministerin, die mit der auf sie zukommenden Aufgabe wahrscheinlich an die Grenze ihrer fachlichen Möglichkeiten angekommen ist, wenigsten mit einem qualifizierten Kreis von Mitarbeitern umgibt, die in der Lage sind, die Ministerin so für die einzelnen Gespräche vorzubereiten, daß die Gesprächspartner nicht sofort die mangelnde Substanz ihrer Gesprächspartnerin bemerken.
Mit einem regelrechten Entsetzen kann man jedoch der Darstellung der Zusammensetzung der Persönlichkeiten, die zur Leitung des Außenministeriums zur Kenntnis nehmen. Hier sind Personen tätig, die wohl guten Willen, aber keine oder sehr eingeschränkte Kenntnisse in der internationalen Diplomatie haben. Es sieht so aus, als wurden alle qualifizierten Leitungsmitarbeiter geradezu entfernt und durch Mitarbeiter ersetzt, die vielleicht ein gutes Verhältnis zu ihrer Ministerin haben, aber im Übrigen nicht mehr Kenntnisse über internationale Zusammenhänge verfügen als ihre Chefin selbst. Wenn man sich vorstellt, wie die „qualifizierte“ Außenministerin eines immerhin noch großen Industrielandes mit dem hoch gebildeten russischen Außenminister das Gespräch über lebenswichtige Fragen beider Nationen führen wird, kann man entweder Sorge haben, daß die Interessen Deutschlands auf der Strecke bleiben oder daß die andere Seite das Gespräch diplomatisch als interessante Begegnung bezeichnet, die man auch wieder schnell vergessen kann. Die Drohung einer Frau Baerbock, daß „alles einen Preis hat“, was Rußland vielleicht gegen den Willen der westlichen Wertegemeinschaft unternehmen wird, wird bei Lawrow nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Und ob qualifizierte Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes ihrer Ministerin geraten hätten, bei ihrem ersten Besuch zuerst nach Kiew und dann nach Moskau zu fahren, kann zumindest kritisch hinterfragt werden. Es könnte jedenfalls zur Folge haben, daß damit die Gespräche in Rußland nicht gerade positiv eingestimmt sein werden.
Die Biografien der Leitungsmitarbeiter des Auswärtigen Amts – wir haben diese der offiziellen Internetseite des Auswärtigen Amts entnommen- sind sehr interessant, lassen aber eine gewisse Ferne zur Tätigkeit eines Außenministeriums erkennen. Wenn eine Staatsministerin ihren Studienschwerpunkt im Fach „Gender und Peace Studies“ setzte und ihr zweites Masterstudium mit der Promotion über das Thema „Demokratieförderung“ an der Humboldt-Universität in Berlin abschloß, weist dies zumindest auf eine bestimmte Zielrichtung ihrer politischen Arbeit hin. Die Staatsekretärin Baumann soll – gemäß der Aufstellung der vorgenannten Internetseite des Ministeriums – von 1990 bis 1992 Rechtswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn studiert haben. Entweder ist die Zusammenstellung wie seinerzeit der Lebenslauf von Frau Baerbock fehlerhaft oder sie wird keinen juristischen Abschluß haben. Beides wäre kein besonderes Renommee für das Außenministerium. Der Staatsminister Dr. Lindner scheint ein qualifizierter Fachmann der Technischen Volkswirtschaftslehre zu sein. Inwieweit er besondere Kenntnisse über die internationale Diplomatie hat, sollte einmal näher dargestellt werden. Eine weitere Staatsministerin ist bisher Anwältin für Familienrecht gewesen. Ob dies die beste Voraussetzung für die Vertretung Deutschlands in der Welt ist, darf hinterfragt werden. Auf jeden Fall hat sie es mit der Völkerfamilie zu tun, allerdings dürfte hier ein anderer juristischer Schwerpunkt hilfreicher sein.
Wenn man die Gesprächspartner der Weltmacht Rußland, die von dem Friedensnobelpreisträger Barack Obama ja einst als „Regionalmacht“ bezeichnet wurde, richtig einschätzt, dann weiß man, wie gut sich die russischen Akteure auf Gespräche mit Spitzen-Repräsentanten anderer Staaten vorbereiten. Sie werden sich auch mit den agierenden Persönlichkeiten der anderen Seite befassen. Man kann nur hoffen, daß bei den anstehenden Gesprächen zwischen Deutschland und Rußland wenigstens von Rußland die diplomatischen Gepflogenheiten angewandt werden, so daß auch Peinlichkeiten diplomatisch so behandelt werden, als wenn sie gar nicht stattgefunden haben.