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Ein Botschafter sollte wissen, was er redet

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk scheint seine Funktion als Botschafter mit der eines Propagandisten zu verwechseln. Bisher konnte man davon ausgehen, dass es auch zwischen Staaten, die sich nicht gegenseitig, als befreundet bezeichnen, ein Mindestmaß an diplomatischer Seriosität geben sollte. Das ist nämlich einer der Voraussetzungen, dass ein Mindestkontakt zwischen Staaten auch dann noch möglich ist, wenn die jeweiligen Staaten bereits in kriegerische Aktivitäten verwickelt sind.

Im Übrigen gibt es auch im diplomatischen Miteinander eine gewisse Einschätzung, wer mit wem auf welcher Ebene redet und verhandelt. Dabei ist die Funktion eines Botschafters eine herausgehobene Position. Der Botschafter vertritt außerhalb seines Landes die Interessen seiner Regierung. Allerderding ist der Botschafter kein Regierungschef und erst recht nicht, der Schulmeister des Gastlandes, in dem er als Botschafter für sein Land tätig ist. Eine solche Vorgehensweise verbietet allein der Respekt gegenüber dem Gastland und der Anstand, den es auch unter den Diplomaten geben sollte.

Aber die derzeitige Entwicklung zeigt leider immer wieder, wie sich auch hohe Repräsentanten von Staaten danebenbenehmen und gar nicht merken, wie sehr sie damit dem internationalen Miteinander schweren Schaden zufügen. In diesem Zusammenhang sollte auf die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten Joe Biden verwiesen werden, der jegliche Kinderstube vermissen ließ, als er seinen Gegenspieler Putin als Verbrecher und Mörder bezeichnete und sogar meinte, dieser dürfe nicht weiter im Amt bleiben. Wenn sich die Diplomatie zukünftig auf einem solchen Niveau einpendeln sollte, werden bald keine Gespräche mehr zwischen zerstrittenen Staaten erfolgen, sondern man wird gleich mit einer militärischen Keule reagieren. Bei dem unmöglichen Auftreten eines Biden gegenüber seinem Kollegen Putin kann man wenigstens feststellen, dass sich hier zwei Staatsmänner auf der gleichen Ebene verbal bekriegten, wobei Putin in diesem Zusammenhang noch mit Contenance reagierte.

Auf einer anderen Ebene spielt sich aber die Auseinandersetzung um den ukrainischen Botschafter Melnyk ab. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, hat dieser Botschafter einen verbalen Rundumschlag gegenüber den Repräsentanten seines Gastlandes, der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Dabei schreckte dieser fast schon größenwahnsinnig erscheinende Botschafter nicht davor zurück, auch den ersten Mann im Staat seines Gastlandes zu beleidigen. Herr Melnyk scheint noch gar nicht bemerkt zu haben, dass er gar nicht der Staatspräsident seines Landes ist, so dass sein Verhalten gegenüber dem Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland als eine erhebliche Grenzüberschreitung eines Botschafters anzusehen ist. Sein eigener Chef, der Staatspräsident der Ukraine; der ja auch mehr, wie ein Demagoge als ein Staatsmann auftritt und massiv Waffenlieferungen von nicht am Krieg beteiligten Staaten fordert und dabei einen Weltkrieg billigend in Kauf nimmt, würde es sich verbitten, wenn der deutsche Botschafter in der Ukraine in seiner amtlichen Funktion die Formulierungen in der ukrainischen Öffentlichkeit wählen würde, die sein eigener Botschafter gegenüber anderen Politikern im Ausland anschlägt.

Dem Bundespräsidenten über ein Interview beim Tagesspiegel zu sagen, dass er seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft habe und das Darin viele Leute verwickelt seien, die jetzt in der Ampel das Sagen haben, ist schon sehr harter Tobak. Und über den FDP-Politiker, Bundesfinanzminister, Christian Lindner, sagte er in einem Interview mit dem Tagesspiegel: »Ich hatte das Gefühl, dass er mehr auf die Bilanzen schaute als auf unser Leid«. Der Botschafter mag vielleicht dieses denken, aber es ist ungeheuerlich, wenn ein Diplomat nicht mehr wahrnimmt, was er mit welcher Wirkung verkündet. Auch der Bundeskanzler wird von diesem Botschafter, der sich fragen sollte, ob er in dieser Funktion überhaupt noch tragbar ist, regelrecht beleidigt. Olaf Scholz (SPD) sei wie ein »Messer in den Rücken der Ukraine«.

Andrij Melnyk scheint noch nicht bemerkt zu haben, dass sich Deutschland weder mit Russland, noch mit der Ukraine in einem Kriegszustand befindet. Insofern ist es allein die Entscheidung der deutschen Regierung, wie sie sich im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg verhalten will. Es steht dem Botschafter der Ukraine nicht zu, sich in einer solchen ungebührlichen Weise in einem Gastland zu verhalten. Er sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass er mit seinen Äußerungen nicht nur seine eigenen Kompetenzen maßlos überdehnt, sondern auch zu einer Vergiftung des politischen Klimas zwischen Deutschland und der Ukraine beiträgt. Eines ist jedoch sicher, der ständige Ruf nach noch mehr Waffen wird weder zu einer Befriedung der Ukraine führen, noch wird er das Töten unschuldiger Menschen verhindern.

Es wäre an der Zeit, nicht nach mehr Waffen zu rufen, sondern sich wieder der Aufgabe zuzuwenden, die einen Botschafter auszeichnet, nämlich durch Diplomatie den Versuch zu unternehmen, Gräben abzubauen und sie nicht noch zu vertiefen.