Frühling
Theodor Fontane (1819-1898)
Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
„Er kam, er kam ja immer noch“
Die Bäume nicken sich’s zu.Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt; „Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.“
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag’s auch du.
Gleichgültig mit welchen Problemen, Sorgen und der vermeintlichen Vergänglichkeit die Menschen fertig werden müssen, es bleibt immer die Gewissheit, dass wie der alte Apfelbaum, so auch die Menschheit nach einer langen Wintersruh wieder zu neuem Leben erwacht.
Das immer wiederkehrende neue Erwachen in der Natur, lässt sich auch nicht von Horrorgeschichten, die den Horizont der Menschen verdunkeln sollen, damit sie denken sollen, eine Zukunft ist nur dann möglich, wenn sie dummen Scharlatanen nachjagen, beeinflussen.
Seien wir wie der alte Apfelbaum und vertrauen darauf, dass wir selbst die Kraft finden, nach der Wintersruh – man kann auch sagen, nach gesellschaftlichen Verwerfungen und Kriegen – wieder aus dem schweren Traum zu neuen Leben erwachen. Auch die „letzte Generation“ wird feststellen, dass nach ihr weitere Generationen folgen werden.