Der FDP-Politiker und Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann schrieb in der Zeitung „Welt am Sonntag“ einen Gastbeitrag mit dem Thema „Glückwunsch Grundgesetz“.
Natürlich ist der 73. Jahrestag des Grundgesetzes ein guter Anlass, über dieses Gesetz nachzudenken. Es ist auch spannend in Erfahrung zu bringen, wie derjenige, der qua Amt für den Schutz des Grundgesetzes verantwortlich ist, nämlich der Justizminister, über dieses für uns alle wichtige Gesetz denkt. Noch wichtiger ist aber, zu prüfen, wie dieser Justizminister unter dem Aspekt der Betrachtung des Grundgesetzes handelt.
Buschmann stellt gleich zu Beginn seines Beitrages die Frage, ob Patriotismus ein Wert zum Nutzen oder Nachteil der Menschen sei und weist zurecht darauf hin, dass über diese Frage heftig diskutiert wird. Sehr kühn und geradezu locker flockig stellt er fest, dass wir uns gemeinsam auf den Verfassungspatriotismus verständigen können. Er führt in diesem Zusammenhang weiter aus, dass wir ja für unser Grundgesetz dankbar und stolz sein können.
Von dieser Feststellung geht Marco Buschmann in seinen weiteren Ausführungen aus und meint offensichtlich, dass der Verfassungspatriotismus der gemeinsame Nenner für alle deutschen Bürger sein sollte. Und genau an dieser Stelle zeigt sich, die gegenwärtige Politik der FDP, die den Bürgern mit schönen Worten einen Staat beschreibt, der mit einer Nation, in der sich die Bürger mit dieser Nation als Deutsche verbinden könnten und sollten, nichts zu tun hat.
Was bedeutet der Begriff „Verfassungspatriotismus“? Und warum wird dieser Begriff von Buschmann als gemeinsamer Nenner für die Bürger Deutschlands als gegeben vorausgesetzt? Man darf annehmen, dass der promovierte Jurist Buschmann sehr genau die Bedeutung des Begriffs „Verfassungspatriotismus“ kennt, so dass unterstellt werden muss, dass hier eine Vernebelung einer eigentlichen Zielsetzung der FDP von dem Justizminister Buschmann erfolgt. Es geht eben nicht um die Identität von deutschen Staatsbürgern zu ihrem Vaterland, sondern um eine allgemeinverbindliche Floskel, unter der auch eine Multi-Kulti-Gesellschaft ohne nationalen Hintergrund zu verstehen ist. Natürlich will man dies nicht so direkt den Bürgern sagen, weil der Umerziehungsprozess, der jetzt auch von der Innenministerin Nancy Faeser zusammen mit der Familienministerin Lisa Paust in Kindergärten und Schulen umgesetzt werden soll, noch nicht die gewünschte Wirkung entfalten konnte. Zur Erinnerung: Bereits im Kindergarten sollen die Kinder ein antifaschistisches Verhalten erlernen und verinnerlichen, dass sie in einer multi-kulturellen Gesellschaft leben, die einen Nationalbegriff nicht mehr kennt und in der Diversität auch im sexuellen Bereich die Norm für die Gesellschaft sein soll.
Ein Blick in das Programm der FDP zeigt, daß auch diese Partei inzwischen nicht mehr als Garant einer bürgerlichen Gesellschaft angesehen werden kann, sondern sich teilweise in gesellschaftlichen Auflösungsvorstellungen anderer linken Parteien nicht mehr unterscheidet, ja diese sogar übertrifft. Am Beispiel eines Gesetzentwurfs dieser angeblichen bürgerlichen Partei vom 16.6.2020, Drucksache 19/2048, sollte sich der interessierte Bürger selbst ein Urteil bilden. Der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung, eingebracht von der FDP und für die Fraktion von Christian Lindner unterzeichnet, ist am 19. Mai 2021 zur Abstimmung dem Bundestag vorgelegt worden. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Überwiegend zugestimmt hatten, die Partei die Linke, die sogenannten Grünen und die FDP. Auch wenn dieser wahnsinnige Vorschlag der FDP glücklicherweise keine Mehrheit fand, ist nicht auszuschließen, daß die FDP ihre kruden Vorstellungen weiterverfolgen wird. Die zur Zeit von der FDP vorgeschlagene Schaffung eines neuen gesetzlichen Modells für Lebensgemeinschaften, bei dem es um die Möglichkeit geht, jenseits der Ehe eine rechtliche Absicherung für Personen zu schaffen, „Verantwortung füreinander zu übernehmen“ geht in die gleiche Richtung, nämlich mit allen subtilen rechtlichen Konstruktionen, die Ehe herkömmlicher Art, zu demontieren. Auch hier wendet man sich gegen das bisherige Grundgesetz.
Der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller hat umfassend zum Thema des Verfassungspatriotismus gearbeitet. Danach ist der Verfassungspatriotismus ein Gegenmodell zum sogenannten „liberalen Nationalismus“. Grundsätzlich geht man davon aus, dass ein gut funktionierendes Gemeinwesen einen kulturell homogenen Staat benötigt. Das steht jedoch im Widerspruch zu der von Bundesjustizminister Buschmann und seiner FDP propagierten Multi-Kulti-Gesellschaft und der Auflösung der Nation zugunsten eines beliebigen Nationalitätenbegriffs, der sich allein an einer Verfassung definiert, die jederzeit nach parteipolitischer Veränderung eine andere Bedeutung erhalten kann.
Die Glückwünsche zum Grundgesetz des Herrn Buschmann sind deshalb sehr fragwürdig, ja unglaubwürdig, weil er im Grunde genommen die Absicht hat, dieses Grundgesetz umfassend auszuhöhlen, so dass von der eigentlichen Intention des Grundgesetzes, wie sie einmal von den Gründern definiert worden ist, nicht mehr viel übrigbleiben wird.
Völlig unberücksichtigt bei dem vermeintlichen Glückwünsch zum Grundgesetz blieb bei dem Justizminister die Beantwortung der Frage, warum Deutschland nicht wie in diesem Grundgesetz vorgesehen war, das Grundgesetz in eine neue Verfassung geändert hat. In Artikel 146 des Grundgesetzes heißt es: „Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Grundgesetzes seinerzeit bewusst gewählt wurde, weil es sich um ein Provisorium handeln sollte, bis eine Wiedervereinigung Deutschlands erfolgt und dann dieses Deutschland, sich eine Verfassung geben sollte. Genau das geschah 1990 nicht, das vorgesehene Referendum der Bevölkerung wurde verhindert. Man könnte den Eindruck haben, dass hier bewusst verhindert werden sollte, dass Deutschland wieder eine Verfassung erhält, weil damit auch eine Festschreibung der Nation Deutschland erfolgt wäre.
Wie wichtig dem Bundesjustizminister das Grundgesetz ist, kann man auch aus seinem Beitrag in der „Welt am Sonntag“ erkennen. Herrn Buschmann geht es vielmehr um die Einbindung Deutschlands in die EU – man darf die EU nicht mit Europa verwechseln – sowie in die Nato. Das passt gut zu seinem Hinweis, dass man sich auf einen Verfassungspatriotismus verständigen könne. Wenn der Bundesjustizminister meint, dass nach dem Grundgesetz vorgesehen sei, „dem Frieden zu dienen“ und er dies mit einer Erhöhung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und damit mit einer möglichen militärischen Intervention verbindet, dann sollte der Justizminister sich den 4 plus 2 Vertrag, der als Friedensvertrag angesehen werden soll, ansehen. Der 4 plus 2 Vertrag schreibt im Artikel 2 fest: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charter der Vereinten Nationen.“ Danach darf Deutschland sich nur dann in kriegerische Auseinandersetzungen einbringen, wenn dies explizit auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen erfolgt. Dazu gehören auch die Lieferungen deutscher Waffen in andere Staaten. In der ukrainischen Auseinandersetzung liegt eine Entscheidung der UNO aber nicht vor.
So stellt sich heraus, dass der angebliche Glückwunsch wohl mehr der Vernebelung einer neuen diversen und nationalitätsauflösenden Politik gelten soll. Die Bürger sollten sehr wachsam sein, dass sie nicht falschen Glückwünschen auf den Leim gehen.