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Brauchen wir eine neue Erinnerungskultur? Ja!

Sind die Deutschen mit gefährlichen Hunden zu vergleichen, denen man ständig einen Maulkorb anlegen muss, damit sie andere nicht beißen? Auch im Rahmen einer Erinnerungskultur sollte man nicht durch ständiges Beschwören, dass Verbrechen in der Vergangenheit begangen wurden, den Eindruck erwecken, als wenn die tägliche Erinnerung notwendig sei, um eine Wiederholung dieser Verbrechen für die Zukunft zu verhindern. Dies muss auch für die schrecklichen Verbrechen der Nazizeit gelten, die sich in einer bisher nie gekanten Art und Weise gegen die Juden richteten und die eine systematische Vernichtung des jüdischen Volkes zum Ziel hatte

Angeregt zu diesen Gedanken wurde der Verfasser dieser Zeilen durch die täglichen Berichte im Rundfunk, bei denen über die Verbrechen von Nationalsozialsten während des sogenannten Dritten Reiches berichtet wird. Dabei wird immer wieder in einer sehr eindringlichen Form auf die Schuld der Deutschen verwiesen, wobei man bei allem Respekt auch einmal darauf hinweisen darf, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht von den Deutschen im Allgemeinen, sondern von Deutschen, die in einem teilweisen ideologischen Wahnsinn glaubten, diese Verbrechen begehen zu müssen begangen wurden. Es gab aber auch – und auch das gehört zur Wahrheit – eine große Zahl von Bürgern, die durch den politischen Zwang in das nationalsozialistische System gepresst wurden und sich teilweise aus objektiven, teilweise aber auch aus subjektiven Gründen diesem Druck nicht entziehen konnten oder schlicht und einfach nicht die innere Kraft hatten, sich der politischen Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten zu entziehen. Es gehört auch zur Wahrheit, dass die Nationalsozialisten nur deshalb überhaupt an die Macht kamen, weil die sogenannte bürgerliche Elite aus Wirtschaft, Kirchen und Wissenschaft zum Steigbügelhalter eines Adolf Hitlers geworden ist.

Vielleicht darf man daran erinnern, dass auch heute sogenannte Eliten glauben, den Bürgern eine Ideologie vermitteln zu müssen, bei denen es nicht um das physische Auslöschen von Bevölkerungsgruppen geht, die aber auch sehr locker flockig alle diejenigen gesellschaftlich ausgrenzen, die andere Meinungen vertreten. Was ich damit sagen will, ist, dass die Mechanismen der Beeinflussung von Menschen auch heute in der sogenannten aufgeklärten Zeit bestehen und auch von Politikern eingesetzt werden.

Das Framing von Wörtern, um gewisse Begrifflichkeiten in den Köpfen der Bürger zu generieren, ist einer der vielen subtilen Formen, Einfluss auf das Denken und Handeln anderer Menschen zu nehmen.

Es mag angemessen sein, wenn der erste Bürger im Staat, der Bundespräsident, an einer Gedenkfeier in Polen teilnimmt, die aus Anlass des 80. Jahrestages für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto 1943 veranstaltet wurde. Es stellt sich aber die Frage, ob es nach 80 Jahren noch gerechtfertigt ist, Formulierungen zu verwenden, die den Anschein erwecken, als müsse sich das deutsche Volk noch immer vorhalten lassen, dass es Täter sei und sich deshalb regelmäßig zu entschuldigen habe. Das gebetsmühlenartige Reden von Vergebung, Entschuldigung etc. kann auch zu einer Inflationierung dieser Begriffe führen, mit denen man sehr sorgsam und zurückhaltend umgehen sollte. Bei jedem Versagen der Politik, so zum Beispiel bei dem EDV-Fiasko der Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen, wird sich „entschuldigt“. Geändert an den Verhältnissen wird aber nichts.

Wie fragil die Situation der Entschuldigungskultur in Polen ist, kann man daran erkennen, dass einerseits von Vergebung und Scham gesprochen wird, anderseits die polnische Regierung davon redet, dass noch immer Reparationszahlungen gegenüber Deutschland angemeldet werden.

Wenn man einen Neuanfang beginnen will, muss man auch die Vergangenheit als Vergangenheit behandeln. Das bedeutet, dass man seine Geschichte nicht verleugnen darf, dass man aber die Geschichte nicht als Gegenwart behandeln kann. Die deutsche Geschichte besteht glücklicherweise nicht nur aus der Zeit des Nationalsozialismus, so dass es wichtig wäre, der Jugend verstärkt die Geschichte des eigenen Landes näherzubringen. Dazu gehört auch – aber nicht nur – die Zeit des Nationalsozialismus. Der Jugend muss die Möglichkeit gegeben werden, unbelastet von Verbrechen, die mittlerweile viele Generationen zurückliegen, ihre eigene Zukunft zu gestalten, ohne ihnen ständig vorzuhalten, dass sie der Nachwuchs von Verbrechern seien, so dass sie sich zeitlebens immer wieder für ihre Vorfahren zu entschuldigen haben.

Kein Land der Welt lässt sich ständig vorhalten, welche Verbrechen ihre Vorfahren jemals begangen haben. Auch für Deutschland sollte das Gleiche gelten, was für die USA, für Frankreich und andere europäische Staaten zutrifft, nämlich dass ihre sogenannten Eliten ebenfalls gegen den Willen ihrer eigenen Bevölkerung Kriege führten, Menschen unterdrückten und töteten, aber deshalb keinesfalls nur noch ständig das Wort „mea culpa“ im Munde führen.

Von Bornemann

Dipl.- Sozialarbeiter
Mitglied im Verband Deutscher Pressejournalisten
Studium Sozialarbeit
AKAD Management-Fernstudium
Ergänzungsstudium Wirtschaftsphilosphie

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