Im Rahmen seiner hybriden Kriegsführung hat der Westen in den vergangenen Wochen eine groß angelegte Medienkampagne gegen US-Rivalen gestartet, genauer gesagt: gegen Russland, China und Iran. Nun analysierte die israelische Tageszeitung Haaretz diesbezüglich, wie die Großmächte Russland und China sowie die Regionalmacht Iran in der letzten Zeit die sogenannte “regelbasierte Ordnung” des Westens herausgefordert haben.
Westliche Medien berichteten in der letzten Zeit wieder einhellig über einen mutmaßlichen “massiven” russischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine, und warnten vor einer baldigen “offenen Invasion” seitens Russlands. Bei den Transatlantikern schrillen nämlich bereits die Alarmglocken, wenn russische Soldaten innerhalb der eigenen Grenzen Russlands “nahe” der ukrainischen Grenze zusammengezogen werden.
Haaretz analysierte, dass sich Präsident Wladimir Putin mit Blick auf den Ukraine-Konflikt einige Vorteile verschafft habe, nämlich durch seine Position zu der Osterweiterung der NATO. Und das, ohne überhaupt seine angeblichen “Drohungen” bezüglich eines angeblichen “Einmarsches” in der Ukraine wahr gemacht zu haben.
“Aber auch ohne den Befehl dazu zu erteilen, hat Putin nicht nur einige Vorteile erzielt, indem er jegliche Vorstellung von einer militärischen Intervention des Westens auf der Seite der Ukraine verbannt (wie die Führer der NATO bereits deutlich gemacht haben, wird dies nicht der Fall sein) und das Ansehen der Regierung Selenskij in Kiew dramatisch geschwächt hat.”
US-Präsident Joe Biden versicherte entsprechend vor kurzem den US-Amerikanern, dass die Stationierung von US-Truppen im Falle eines Kriegs vor Ort in der Ukraine “nicht auf dem Tisch” liege. Biden begründete diese Haltung mit der Feststellung, die “moralischen und rechtlichen Verpflichtungen der USA” gegenüber ihren NATO-Verbündeten in der Region würden sich nicht auf die Ukraine erstrecken, die kein Mitglied dieser Organisation von 30 Staaten sei.
Der chinesische Präsident Xi Jinping wiederum habe viele gute Gründe, nicht auf einen “Einmarsch” in Taiwan zu setzen, aber laut Haaretz mache er der Welt zugleich klar, dass diese Entscheidung bei ihm liege. Die Taiwanesen könnten nämlich nur so lange unabhängig bleiben, wie China bereit sei, dies zuzulassen. Die chinesische Botschaft laute, dass die selbsterklärte “Republik” Taiwan keine separate Einheit sei, sondern ein Teil von China. Abgesehen davon, wie sich westliche Politiker in der Taiwan-Frage positionierten, würden die USA nach dem Rückzug aus Afghanistan nicht “im Namen eines fernen Landes” wieder in den Krieg ziehen – und mit Sicherheit nicht unter einem amtierenden Präsidenten Biden, kommentierte die israelische Zeitung.
In den letzten dreieinhalb Jahren, seit die US-Regierung unter Trump aus dem Atomdeal mit Iran ausgestiegen ist und im Rahmen der Kampagne des maximalen Drucks auf Iran Sanktionen verhängt hat, habe Iran Haaretz zufolge bewiesen, dass das Land dem westlichen Druck standhalten und zugleich die Entwicklung seiner nuklearen Fähigkeiten sowie die Bewaffnung seiner Stellvertreter in der gesamten Region vorantreiben könne.
“Iran muss nicht den ganzen Weg gehen und die nukleare Schwelle überschreiten. Teheran muss seinen Uranvorrat nicht bis zur Waffenqualität anreichern. Iran hat bereits gezeigt, dass er trotz der Sanktionen und der Sabotage und Morde (an seinen Wissenschaftlern), die Israel zugeschrieben werden, an einen Punkt gelangen kann, an dem er nur noch wenige Monate von atomaren Militärfähigkeiten entfernt ist.”
Iran habe sich unter seinem Obersten Führer Ali Chamenei bereits als ein atomarer Schwellenstaat etabliert. Die USA könnten daran nichts ändern, und Israel habe wahrscheinlich auch nicht die volle Fähigkeit diesen Prozess abzuwenden – aller drohenden Rhetorik zum Trotz.
Haaretz stellte fest, dass die Wiederherstellung der regelbasierten Ordnung des Westens trotz der Rückkehr eines demokratischen Präsidenten wie Biden in das Weiße Haus nicht mehr möglich geworden sei. Denn Putin, Xi Jinping und Chamenei hätten nach der Darstellung von Haaretz dafür gesorgt, dass die westliche Weltordnung auf der internationalen Ebene nicht mehr durchsetzungsfähig sei.
Während der Begriff des Völkerrechts konkret definiert sei, bleibe der Begriff “regelbasierte Ordnung” in der internationalen Politik schwammig. Das Völkerrecht wurzelt, wie allgemein bekannt ist, in der Charta der Vereinten Nationen – was hingegen mit “regelbasierter Ordnung” gemeint ist, bleibt weiterhin unklar. Wenn von “regelbasierter Ordnung” die Rede sei, gehe es laut Haaretz in der Tat stets um die Durchsetzung der Regeln der westlichen Staaten.