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Ist der Föderalismus in Deutschland überholt?

In den letzten Monaten wird immer wieder von Politikern und von Journalisten Kritik an dem Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland formuliert. Immer wieder wird behauptet, daß durch diese Konstruktion ein einheitliches Handeln in Deutschland gar nicht möglich sei und somit ein sogenanntet Flickenteppich an Entscheidungen und Regelungen entsteht. Der Bürger würde dadurch verunsichert und wisse angeblich nicht, an was er sich eigentlich halten sollte.

Gerade jetzt in der Corona-Pandemie wird besonders auf den angeblichen Flickenteppich der Entscheidungen hingewiesen, der es dem Bürger nicht mehr möglich mache, klare Entscheidungsgrundlagen zu erkennen.

Die Diskussion über eine mögliche Einschränkungen oder gar Abschaffung des Föderalismus wird aber auch bereits vor der Corona-Pandemie u.a. im Bildungsbereich teilweise sehr verbittert geführt. Hier werden die gleichen Argumente, wie sie auch bei der Coronasituation verwendet werden, bemüht. Die Lehrpläne in den Schulen müssten in allen Bundesländern gleich sein, die Schüler sollten unter gleichen Bedingungen ihre Prüfungen ablegen und das Abitur in Berlin muß die gleichen Anforderungen, wie das Abitur in Bayern oder Sachsen haben.

Auf den ersten Anschein scheinen die Argumente für eine Einschränkung des Föderalismus plausibel zu sein. Wenn man jedoch etwas differenzierter die Gesamtthematik betrachtet, werden doch erhebiche Fallstricke sichtbar, die erst dann ihre verheerende Kraft entfalten würden, wenn man den Föderalismus tatsächlich endgültig abgeschafft hätte. Nur dann kann es für die Bürger irreversible und schlimme Folgen haben.

Betrachten wir die Genisis des Föderalismus, so stellen wir fest, daß diese Konstruktuktion keinesfalls eine Segnung der Amerikaner war, die Deutschland nach Ende des sogenannten Dritten Reiches mit einem Führer an der Spitze, Demokratie verodnet haben und als ein Mittel dazu den unter Hitler bestehenden Zentralstaat beendeten und durch ein föderales System ersetzten. Der Gedanke im Hintergrund dieser Entscheidung war, daß es nie wieder in Deutschland zu einer Situation kommen sollte, wo ein Führer – und dieser Führer kann durchaus auch eine Frau sein – zentral die Politik und damit das Handeln der Bürger bestimmt. Es sollte eine neue Diktatur nach Beendigung des 2. Weltkrieges verhindert werden. Eine Tragik der deutschen Geschichte war, daß ein Teil Deutschlands eine zweite Diktatur, diesmal mit linken Vorzeichen, ertragen mußten, so daß sich über Jahrzehnte sehr unterschiedliche Verhaltensmuster in der Bevölkerung in Deutschland zwangsweise entwickelt haben. Das kann man jetzt noch an der Situation in den neuen Bundesländern betrachten.

Bis zum Ende der Weimarer Republik war das Deutsche Reich nicht zentral organisaiert gewesen. Vielmehr waren die einzelnen Länder in einem Staatenbund zu einem Deutschen Reich verbunden. Natürlich konnte man noch nicht von einem ausschließlich demokratischen Gebilde sprechen. Hitler hat dann alles zu einem zentralistischen Staat zusammengefaßt, so daß ein „Führer“ dem Volk die Richtung vorgeben konnte. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß zur endgültigen Machtübernahme Hitlers die bürgerlichen Parteien mit Ausnahme der SPD durch ihre Zustimmung zu den sogenannten Ermächtigungsgesetzen dazu beigetragen haben, daß ein Hitler überhaupt endgültig an die Macht kam und Deutschland regelrecht in den Untergang führen konnte.

Die zentrale Regierungsform macht es scheinbar einfacher, als notwendig erkannte Maßnahmen schneller durchzusetzen. Allerdings sind hier auch Zweifel erlaubt. Ein Blick nach Frankreich zeigt, daß eine zentralistische Verwaltung keinesfalls immer effektiv arbeitet. Wesentlicher Nachteil ist zudem, daß keine regionalen Unterschiede in einem Land berücksichtigt werden. Wenn man sich die Bundesländer in Deutschland betrachtet, merkt man, wie unterschiedlich die Voraussetzungen sind, so daß es durchaus erheblich effektiver ist, wenn vor Ort die Entscheidungen getroffen werden.

Montesquieu sah im Föderalismus eine Form der Gewaltenteilung, die die absolutistische Zentralmacht einschränkt, weil dafür gesorgt wird, daß kein Machtmißbrauch entstehen kann. Denken wir uns einmal, welches Schulsystem wir in Deutschland hätten, wenn die SPD und die sogenannten Grünen zusammen mit den Linken bundesweit ein einheitliches Schulsystem mit einheitlichen Lehrplänen von oben nach unten hätten festlegen können. Das Schulssystem wäre das schlechteste Schulsystem und würde die Kinder nur noch politisch einseitig indoktrinieren. Das Leistungsnivau wäre im gesamten Deutschland auf dem Stand von Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Allein an diesem Beispiel zeigt sich, wie wichtig das bestehende Föderale System ist, weil jetzt noch die Möglichkeit besteht, daß in Bundesländern, die nicht von linken Mehrheiten regiert werden, andere Bildungsinhalte vermittelt werden. Leider hat sich jedoch auch die CDU immer mehr zu einer SPD entwickelt, so daß bereits eine Angleichung nach unten erkennbar ist.

Aber es gibt ein weiteres Problem, das eine Gefahr für den Föderalismus geworden ist und das Begründungen für die politischen Kreise bietet, die einen sozialistischen und Einheitsstaat, der eine amerikanische Identitätspolitik durchsetzen wollen um den Föderalismus zu demontieren, bzw. abzuschaffen.

Das System des Föderalismus war in unserem Grundgesetz (eine Verfassung haben wir leider noch immer nicht) sehr gut austariert. Das heißt, die Kräfte zwischen Bund, Land und Kommune waren klar voneinander abgegrenzt. Dort, wo es Schnittstellen zwischen der Gesetzgebung des Bundes, der konkurrierenden Gesetzgebung und der Gesetzgebung der Länder gegeben hat, waren diese klar defniert.

Durch die ständigen – aus meiner Sicht unqualif­izierten
Eingriffe in das Verfassungrecht durch die Parteien -wurde das ursp­rüngliche System mehr oder weniger erheblich demontiert. Es wurden in vielen Bereichen die
klaren Abgrenzungen aufgehoben und durch ein Mischmasch von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ersetzt.

Das schlimmste Beispiel sind die sogenannten Hartz-Gesetze (ALG II), die geradezu ein regelrechtes Durcheinander an Zuständigkeiten der einzelnen Ebenen pr­oduziert haben und dazu noch eine
menschenverachtende Diktion offenbarten.

Der Bund hat viele Aufgaben per Gesetz beschlossen, für die die Länder, bzw. Kommunen in der Aus­führung zuständig si­nd. Die erforderlichen Finanzmittel für die Umsetzung dieser Auftragsaufgaben wurden aber vom Bund teilweise nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung gestellt. Dadurch entstand teilweise eine erhebliche Unterfinanzierung bei den Ländern, aber insbesondere bei den Kommunen. Anderseits finanziert der Bund Aufgaben der Länder (Beispiel im Bildungsbereich), so daß er sich ein faktisches Eingriffsrecht anmaßt, das er nach der Verfassung gar nicht hat.

So könnte man Berei­ch für Bereich durch­gehen und wäre ersta­unt, wie das System durch die ständigen unqualifizierten Eingriffe der Politiker mittlerweile kaum noch funktions­fähig ist. Jetzt wird das Nichtfunktionieren von den gleichen Politikern, die das verfassungsrechtliche Chaos angerichtet haben, beklagt und ein Zentralstaat als Lösung vorgeschlagen.

Aber auch bei einem föderalen System ist es zwingend notwendig, daß der Regierungschef – hier ist konkret die Bundeskanzlerin Frau Merkel angesprochen – mit seiner Autoriät eine Verbindung zu allen Machtzentren – also Bund und Land – pflegt und den Versuch unternimmt, Koordinierungen sicherzustellen. Hier kann man aber festgestellen, daß die Kanzlerin sich als Teil einer imaginären transnationalen und multilateralen Weltregierung sah und  ihre Aktivitäten mehr im Ausland wahrgenommen hat. Manchmal konnte man sich fragen, für wen sie eigentlich Politik machte. Dies hat sich auch bei der Beschaffung des Corona-Impfstoffes gezeigt, wo sie meinte, die Deutschen dürfen nicht zuerst an sich bei der Beschaffung der Impfstoffe denken und Brüssel einschaltete, obwohl gar keine Zuständigkeit vorlag. Das Ergebnis kann jetzt jeder Bürger selbst wahrnehmen.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß alles getan werden muß, das föderale System in Deutschland zu erhalten und es wieder an den Stellen, an denen es von den Politikern kaputtgemacht wurde, wieder zu reparieren.

Wenn man aber die derzeitigen politischen Optionen sieht und die sogenannten Grünen eine Linksfront zusammen mit der SPD und den Linken in Deutschland bilden könnten, dann wird es wohl doch zu einem zentralistischen Staat kommen, der zu einer Ökodiktatur ausarten wird. Hoffen wir, daß die Bürger noch rechtzeitig erkennen, welche Gefahr auf sie zukommen kann, so daß sie ihre Stimmabgabe doch noch einmal überdenken.

 

Von Bornemann

Dipl.- Sozialarbeiter
Mitglied im Verband Deutscher Pressejournalisten
Studium Sozialarbeit
AKAD Management-Fernstudium
Ergänzungsstudium Wirtschaftsphilosphie

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