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Die Wiedervereinigung war für mich mehr als ein historisches Ereignis

Den heutigen Feiertag zum Tag der deutschen Einheit nehme ich aktuell zum Anlass, einen Aufsatz an dieser Stelle zu veröffentlichen, den ich zehn Jahr nach der Wiedervereinigung für die Sonderausgabe des Deutschen Roten Kreuzes „Der Zukunft zugewandt“ geschrieben habe. In dem Heft des DRK ging es seinerzeit um Gedanken und Erinnerungen an die Vereinigung 10 Jahre danach. Leider sind viele dieser Aktivitäten heute gar nicht mehr bekannt und wurden auch durch eine parteipolitische Aneignung sehr an den Rand gedrückt. Um so wichtiger ist es, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es sehr viele Quellen gibt, aus denen man sich auch noch heute ein objektives Bild der damaligen Ereignisse machen kann. 

Die Wiedervereinigung war für mich mehr als ein historisches Ereignis

Jörg-Michael Bornemann, ehemaliger Hauptabteilungsleiter beim DRK, Landesverband Berlin

Als ich aufgefordert wurde, 10 Jahre nach der Vereinigung beider Rotkreuz Gesellschaften über meine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse zu berichten wurde mir deutlich wie sehr diese Zeit jeden Menschen persönlich entscheidend beeinflusste und prägte. Vielleicht hat für mich die sogenannte Wende eine besondere Bedeutung. Dies hängt mit meiner eigenen Herkunft und meinem persönlichen Lebensweg zusammen. Als Kind in der damaligen DDR aufgewachsen, 1954 nach Westberlin gekommen und heute wieder in meiner Heimat in Dresden lebend, war die Wiedervereinigung für mich mehr als nur ein abstraktes historisches Ereignis. Das durch meine – ursprünglich dienstlich begründete Begegnung mit der damaligen Leiterin des Suchdienstes des DRK der DDR, Edith Schulenburg, auch eine bis dahin nicht möglich Klärung meiner eigenen Familiengeschichte verbunden war, lässt mich die Wiedervereinigung bei der Rotkreuz -Gesellschaften in einem besonderen, sehr persönlichen Licht erscheinen.

Die politischen Ereignisse überstürzte sich in Berlin. Die Informationen aus dem Fernsehen schienen der Unwirklichkeit näher als der Wirklichkeit zu sein. Jeder ahnte, dass sich etwas nicht Vorstellbares ereignen würde.

Beim Landesverband in der Bundesallee in Berlin wurde die Einsatzleitgruppe zusammengerufen, um auf mögliche Hilfeleistungen eingerichtet zu sein. An der Sektorengrenze strömten die Menschen aus Ostberlin in Richtung Westen in Richtung Westen und wurden teilweise mi Jubel von den Westberlinern begrüßt. Viele verstanden überhaupt noch nicht, was geschehen war.

Zusammen mit dem damaligen Landesarzt Dr. Sigurd Peters, und dem Landesbereitschaftsführer Vollmer, erörterte ich die Frage, ob es sinnvoll und notwendig sei, möglichst kurzfristig Kontakt mit dem DRK in Ostberlin aufzunehmen. Dabei gingen wir davon aus, dass sehr schnell überlegt werden musste, wie eine Abstimmung zwischen den beiden Rotkreuz-Verbänden über Hilfeleistungen im Grenzbereich erfolgen könnte. Dies wurde noch dadurch verstärkt, als uns der Bezirksverband des DRK der DDR in Berlin fernmündlich ersuchte, mit ihm in Kontakt zu treten.

Auf Grund der bestehenden Kontakte im Rahmen des grenzüberschreitenden Verkehrs verfügten wir über Fernschreibeverbindungen zum Präsidium der DRK der DDR in Dresden, aber auch über direkte Fernschreibeanschlüsse zum DRK in Ostberlin. Es war uns auf Grund der damaligen sogenannten Zweistaaten-Theorie der damaligen DDR strikt untersagt, direkten Kontakt mit dem DRK in Ostberlin aufzunehmen. Eine Kontaktaufnahme war offiziell nur über das ‚DRK-Präsidium in Bonn an das DRK-Präsidium in Dresden möglich.

Es war uns im November 1989 sehr bald klar, dass dieser Verfahrensweg wohl endgültig der Vergangenheit angehörte. Wir baten fernmündlich bei unserem Bundesverband in Bonn um Genehmigung mit dem DRK in Ostberlin direkt Kontakt aufzunehmen zu können. Erst nach mehrfacher Intervention wurde uns gegen Mitternacht die Genehmigung erteilt, unmittelbar mit Rotkreuzvertretern in Ostberlin direkt Kontakt aufnehmen zu können.

Zusammen mit dem Landesarzt Dr. Sigurd Peters fuhren wir am 9. November 1989 in der Nacht gegen 2.00 Uhr zum Grenzübergang Invalidenstraße, um uns in der Sanitätsstelle des DRK der DDR auf Osterberliner Gebiet zu treffen. Auf Ostberliner Seite war der stellevertretende Bezirkssekretär des DRK on Ostberlin, Bernd Münzner, sowie eine weitere Mitarbeiterin, die sich nicht namentlich vorstellte, anwesend. Erstaunlich war die fast freundschaftliche Atmosphäre des Gesprächs, obwohl sich die Gesprächsteilnehmer vorher nicht kannten. Aus meiner heutigen beruflichen Erinnerung kann ich fast sagen, dass, unabhängig von ideologischen Barrieren, eine Gemeinsamkeit zwischen allen Gesprächsteilnehmern bestanden hatte, das Gefühl zu haben, dass man zu einer großen Rotkreuz-Familie gehörte.

In dem Gespräch ging es im Wesentlichen um ein erstes Kennenlernen. Es wurde erörtert, welche Möglichkeiten einer direkten Zusammenarbeit bei der sanitätsmäßigen Versorgung der Bevölkerung insbesondere im Bereich der damaligen Sektoren bestehen.

In den darauffolgenden Wochen entwickelte sich eine praktische Zusammenarbeit zwischen den beiden Rotkreuz-Verbänden, als wenn selbige schon immer bestanden hätte.

Zwei Tage nach der ersten Begegnung kam es zu einem Treffen zwischen mir und dem damaligen Bezirksarzt in Ostberlin, Prof. Dr. Geerd Dellas, in der Charité. Eine Anzahl von Ärzten und Krankenpflegepersonal hatte die DDR verlassen, so dass es akute Probleme in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung gab. Prof Dellas ersuchte das DRK in Westberlin im Rahmen seiner Möglichkeiten zu helfen. Eine Woche nach diesem Kontakt fand die erste Begegnung der Präsidenten der DRK-Stadtverbände (Ost- und Westberlin) in Anwesenheit von Prof Geerd Dellas in einem Lokal in Ostberlin statt. Das Treffen wurde von dem damaligen stellevertretenden Bezirkssekretär, Bernd Münzer und mir als dem damaligen Hauptabteilungsleiter Rot-Kreuz-Dienste, vorbereitet. Das Gespräch fand in einer freundschaftlichen Atmosphäre statt. Es wurde sehr schnell Einvernehmen darüber hergestellt, dass eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Rotkreuzgesellschaften in Berlin aufgenommen und intensiviert werden sollte.

Am 21. Dezember 1990 wurden in einer Zusammenkunft, die im Amtszimmer des damaligen Präsidenten des DRK-Landesverbandes Berlin (West), Dr. Wolfgang Schmidt stattfand, an der der Ostberliner DRK-Vorsitzende, Dr. Wolfgang Kallas, mit seinem Bezirkssekretär Jens-Michael Rosenbaum und ich als Hauptabteilungsleiter beim DRK Berlin (West) teilnahmen, die endgültigen Voraussetzungen und Grundalgen für die Vereinigung beider Rotkreuz-Verbände in Berlin gelegt.

Bemerkenswert scheint mir aus heutiger Sicht zu sein, das bereits von Anfang an ein sehr starker Konsens zur Gemeinsamkeit bestand. Dies zu einem Zeitpunkt, als keinesfalls bereits erkennbar war, in welche Richtung sich die politische Entwicklung bewegen würde und wo andere Organisationen Komma aber auch staatlichen Stellen, noch vorsichtig die zukünftige Schritte abgewogen.

Es war uns ebenfalls sehr schnell bewusst, dass wir ein gemeinsames Gremium, das aus Vertretern beider Rotkreuz-Stadtverbände bestehen sollte, benötigten. So wurde auf unsere Anregung hin ein Koordinierungsausschuss gebildet, paritätisch aus Vertretern bei der Rotkreuz-Verbände zusammensetzte. Bereits am 16. Mai 1990 nahm dieser Ausschuss seine Aufgabe war. Sitzung fand im Hause des DRK Landesverbandes Berlin (West) statt. Die Geschäftsführung des Koordinierungsausschusses lag auf Ostberliner Seite beim damaligen Bezirkssekretär des DRK der DDR in(Ost)Berlin, auf Westberliner Seite beim damaligen Hauptabteilungsleiter Rotkreuzdienste, Jörg-Michael Bornemann. An der konstituierenden Sitzung Namen auf Ost Berliner Seite Dr. Kallas, Hannelore Künstler sowie Jens-Michael Rosenbaum und Bernd Münzner teil. Die Westberliner Seite war durch den damaligen Präsidenten des Landesverbandes Berlin, Doktor Wolfgang Schmidt, seine Vizepräsidentin Gabriele Wiechatzek, den Vizepräsidenten Dr. Heinz Stücklen, dem Schatzmeister Willy Diedrich sowie Burkhard Säuberlich und Jörg-Michael Bornemann vertreten.

Es wurden eine Reihe von Sitzungen des Koordinierungsausschusses vereinbart. Jeweils wechselseitig in den Räumen der Landesverbände West und Ost stattfanden. Der Koordinierungsausschuss bildete eine Reihe von Arbeitsgruppen, Die Einzelfragen erarbeiteten und dem Koordinierungsausschuss beschlussreif vorlegen sollten. Bei Arbeitsgruppen handelte es sich um Arbeitsgruppen „ „Jugendrotkreuz“, „Wasserrettungsdienst“, „Leitstellentechnik“, „Rettungsdienst“ und „ehrenamtlicher Dienst.“ Bei der Besetzung der Arbeitsgruppen wurde darauf geachtet das sowohl ehrenamtliche als auch hauptamtliche Mitarbeiter vertreten waren.

Die Tätigkeit dieses Koordinierungsausschusses mit seinen Arbeitsgruppen war dann die Grundlage für die spätere Erarbeitung eines Einigungsvertrages zwischen den Rot Kreuz Gesellschaften.

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Der 76. Jahrestag des Grundgesetzes ist aktuell kein Grund zum Feiern

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz in Bonn verkündet. Jetzt jährte sich dieses Ereignis zum 76. Mal. Den Bürgern wird vermittelt, dass es ein besonderes Glück sei, dass das Grundgesetz 1949 verabschiedet wurde. Dabei ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass gerade die links ausgerichtete Regierung der sogenannten Ampel massiv Teile des Grundgesetzes verändert hat, so dass es in Teilen nicht mehr mit der ursprünglichen Intention der Väter des Grundgesetzes übereinstimmt.

Es ist auch bemerkenswert und wird kaum öffentlich publiziert, dass Bayern gegen das Grundgesetz gestimmt hatte. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung war wie folgt: Abgestimmt hatten 174 Abgeordnete. Davon stimmten 64 mit Ja und 101 Abgeordnete mit nein. 9 Abgeordnete enthielten sich der Stimme.

Die bayerischen Abgeordneten kritisierten die falsche Schwerpunktsetzung des Grundgesetzes zwischen Bund und Ländern. Sie vertraten die Auffassung, dass der Bund Kind der Länder sei und nicht umgekehrt. Bayern fühlte sich nicht angemessen als eigenständiges Bundesland im Grundgesetz vertreten. Die Länder übertragen Rechte auf den Bund, und nicht umgekehrt, wurde seinerzeit zum Ausdruck gebracht. Aktuell besteht diese Problematik nach wie vor. In zunehmenden Maße wird der Versuch unternommen, die Eigenständigkeit der Länder zugunsten des Bundes auszuhebeln. Dabei ist es ausgesprochen wichtig, dass der Bund eben nicht zentralistisch in die Ländern hineinregieren darf, weil dann die Gefahr besteht, dass sich Deutschland wieder zu einer zentralistisch ausgerichteten Diktatur entwickeln könnte. Ansätze einer solchen Entwicklung sind bereits jetzt erkennbar.

Die inzwischen die Regierung tragenden sogenannten demokratischen Parteien haben sich in den letzten Jahren in einigen Bereichen nicht mehr an das Grundgesetz gehalten. Die Bundeswehr, die nach dem Willen der Väter des Grundgesetzes nicht im Ausland in kriegerischen Konflikten eingesetzt werde darf, ist zunehmend zu einer Söldnerarmee gemacht worden, die weltweit eingesetzt wird. Aktuell ist diese Armee noch nicht einmal mehr in der Lage, ihrem Auftrag des Heimatschutzes nachzukommen.

Aber es gibt einen weiteren Grund, warum der 76. Jahrestag des Grundgesetz keinesfalls ein Grund zum Feiern ist. Die Väter des Grundgesetzes haben explizit in das Grundgesetz geschrieben, dass das Grundgesetz – man hat eben bewusst nicht den Begriff der Verfassung gewählt – seine Gültigkeit verlieren soll, wenn Deutschland wiedervereinigt wird. Mit der Beendigung der DDR sollte sich das deutsche Volk eine neue Verfassung geben und in einer Volksabstimmung in Kraft setzen.

Ein solcher Schritt ist nicht erfolgt, die Interessen des deutschen Volkes wurden nicht weiter beachtet. Die westlich und mit der Nato verbundenen Parteien haben einfach festgelegt, dass das Grundgesetz weiter in Kraft bleiben soll und somit Verfassungsrang haben soll. Auch hier zeigte sich, dass man sich einfach über die Intentionen der Gründungsväter des Grundgesetzes hinwegsetzte und den Status quo beibehalten hat. Dabei hätte es gute Gründe gegeben, dass das deutsche Volk neu darüber beschlossen hätte, ob es sich weiter ausschließlich an die USA binden will oder als Zentralstaat in Europa als Bindeglied zwischen dem Osten und dem Westen eine Neutralität eingeführt hätte.

Wahrscheinlich hatten die westlich orientierten Parteien vor einer solchen Entwicklung Angst, so dass schnell ohne Befragung des deutschen Volkes das alte Grundgesetz weiter gültig blieb. Damit wurde ein Neubeginn eines souveränen Deutschlands verhindert.

Insofern besteht kein Anlass, besonders Stolz darüber zu sein, dass sich Deutschland nach der Wiedervereinigung keine eigene Verfassung geben konnte. Nach wie vor gibt es immer wieder Stimmen, die darauf hinweisen, dass Deutschland auch nach der Wiedervereinigung nur eingeschränkt souverän ist. Dafür spricht einerseits, dass die vorgesehene Verfassung nicht geschrieben wurde und andererseits nach wie vor große militärische Einrichtungen der USA, auf die der deutsche Staat keinen Zugriff hat, existieren. Auch ein völliger Abzug der amerikanischen Truppen erfolgte – im Gegensatz zu den russischen Truppen – nicht.

Erst wenn Deutschland sich durch sein Volk unbeeinflusst von tradierten politischen Festlegungen wieder eine eigene Verfassung gegeben hat, die vom ganzen deutschen Volk bestätigt worden ist, gibt es einen Grund, den Verfassungstag besonders zu begehen.